Psalm (Übertragung Jörg Zink)
Als der Herr unser Schicksal wandte und uns freiließ, da waren wir wie die Träumenden. Da war unser Mund voll Lachen und unsere Stimme voll Jubel. Da sagte man unter den Völkern: Der Herr hat Großes an ihnen getan. Ja, Gott hat Großes an uns getan, und wir waren fröhlich
über seine Freundlichkeit. Wende nun, Herr, unser Schicksal aufs neue.
Du gibst den Bächen im Südland Wasser, wenn sie trocken sind.
Gib nun auch uns Leben aus deiner Kraft. Die mit Tränen säen,
werden mit Jubel ernten. Man schreitet den Acker hin
und wieder zurück – und weint und wirft den Samen aus. Aber mit Jubel wird man heimkehren und seine Garben hoch auf der Schulter tragen.
Schriftlesung Jeremia 29
1 Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht Gott: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.[1] 12 Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten, und ich will euch erhören. 13 Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, 14 so will ich mich von euch finden lassen, spricht Gott.
Liebe Gemeinde!
Als ich vor drei Jahren hier in Fronhausen meine Arbeit angefangen habe, da hat, ziemlich bald nach dem Beginn, jemand in unser Gästebuch hier in der Kirche etwas geschrieben. da stand: „Lieber Herrgott, gib uns endlich wieder einen Pfarrer mit einem glaubenden Herzen. Wir brauchen einen Hirten. Verirrt laufen wir umher.“ Zuerst hat mich das irgendwie belustigt, aber doch auch auf eine bittere Art. Und dann war ich auch betrübt und traurig darüber. Weil ich es nicht so genau verstanden habe, was damit gemeint war. Denn, wer kann denn schon einem anderen ins Herz schauen? Was für eine Anmaßung!
Und dann hat es mich auch zornig gemacht und ich habe gedacht: „Na Euch werd` ich´s schon zeigen“. Ja und dann, nach einer Weile hab` ich gemerkt: So läuft´s nicht in einer Kirche. Da geht`s nicht darum, dass da eine oder einer ist, der´s den anderen zeigt oder sie irgendwie einnordet und den Takt vorgibt. Kirche sein kann man nur zusammen und auf Augenhöhe. Und ich will und kann auch gar kein Hirte sein, der irgendwie für die anderen mitglaubt und auf die alle hören sollen. Sondern Glauben, also Gottes Spuren suchen in unserer Welt, in der so vieles durcheinander ist und schlimm und schmerzhaft, das geht nur, wenn man sich zusammen auf den Weg macht.
Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über Euch habe, spricht Gott.
Lodernde Feuerflammen.
Posaunen im Nebel.
Lockdown.
Tränen an Gräbern. Abschied nehmen.
Freundliche Blicke. Gespräche an der Aldikasse.
Masken und keine Masken.
Konfirmation im Bürgerhaus. Gottesdienst im Schenkschen Park. Kerzen auf Friedhöfen. Wasser in Babyhaaren. Freudestrahlen: Du bist getauft, Gottesgeschenk. Feuerwehrübungen mit Rauch und Sirene. Glockengeläut und Hühnergackern. Nette Nachbarn und Nachtigallen.
Grillen im Regen und Sektgesprudel. Lachen. Zuhause sein. Novemberblues und Nikolausrock in den Mai.
Bei anderen zuhause sein. Abendmahlfeiern am Krankenbett. Runzlige Hände schütteln und wissen: Vielleicht ist es zum letzten Mal. Sterne am Kirchturm.
Morgenlicht. und Leidenschaften.
Streit und Versöhnung. Und ein Reh steht im Garten.
Gedanken des Friedens und nicht des Leides.
Glühwein und Glitzer.
Seifenblasen am Pfingsthimmel tanzen lassen und fühlen: Da ist ein guter Geist.
Ins Katzenfell weinen und die Wimperntusche verschwimmt.
Tiefkühlpizza im Liegen verspeisen und es ist plötzlich Essen wie im Paradies.
Stammtischgespräche mit Gott und der Welt. Manchmal ratlos sein.
Bierbänke schleppen. Lippenstift und Gummistiefel.
Segen verteilen.
Geburtstagstorte und Sahne dabei.
Vor den Traualtar treten und wissen: da ist dein liebster Mensch.
Freude teilen. Einladend sein.
Verrückte Pläne schmieden und beten: jemand macht mit.
Sich fallen lassen und spüren: Es kommt neue Kraft.
Den Vögeln zuschauen. – Auferstehen.
Zukunft und Hoffnung.
Mutig sein.
Der Stadt Bestes suchen.
Sich verwundern lassen.
Alles prüfen und das Gute behalten.
Neues erfinden.
Von Angesicht zu Angesicht sehen.
Manchmal verirrt umherlaufen.
Verstehen, dass unser Leben Stückwerk ist und unser Reden auch.
Die Angst fallen lassen und Tee trinken. Der Stimme des Herzens folgen.
Sich an den gedeckten Tisch setzten und dankbar sein.
Wissen: Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient dem Guten.
Zusammen feiern.
In Freuden ausziehen und in Frieden geleitet werden.
Wege gehen.
1 Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung, sagt Gott. Und ich wünsch mir, dass er es auch zu Euch sagt, zu allen Erbenhäusern und Sichertshäusern, zu den Hassenhäusern und Bellnhäusern, zu den Fronhäusern und allen von nah und fern hier.
Das wünsch ich Euch als eine, die vielleicht nicht so ein Hirte ist, wie ihn sich manche hier gewünscht haben. Aber die trotzdem ein glaubendes Herz hat. Eins, dass an Zukunft und Hoffnung glaubt. Und an Freiheit und Liebe und Phantasie.
An den Sinn und Geschmack des Unendlichen. Daran, dass wir spielen und etwas wagen müssen, um zu gewinnen. Und daran, dass in Gottes Garten viele Blumen blühen.
Ein Herz, in dem ihr alle einen Platz gefunden habt. Und das gelernt hat von Euch hier. Im Glauben, im Hoffen und im Lieben. Und das sich gefreut hat, dass über die Jahre hin dann auch viele sehr freundliche Sachen ins Gästebuch geschrieben wurden. Ja, denn Kirche kann man nur zusammen sein. Und das werdet ihr auch weiterhin.
Und hoffentlich zusammen weiter Gottes Spuren auf unsern Menschenstraßen feststellen. Und ihm Lieder singen. Und Abenteuer erleben und Geist ausgießen und manchmal auch Glühwein und Punsch. Und Gott anrufen und hingehen und ihn bitten und er wird euch erhören. Denn er sagt: „13 Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, 14 so will ich mich von euch finden lassen.“
So soll es sein. Amen.
Herzlichst, Eure
Pfarrerin Dr. Anna Scholz