Ostern klingt nach. Ein paar Tage nach der Auferstehung Jesu haben es die Jüngerinnen und Jünger um Jesu langsam verstanden: Jesus ist nicht tot. Er ist auferstanden. Er lebt. Damit ist auch ihr Leben neu geworden.
Quasimodogeniti – Wie die Neugeborenen – so heißt der heutige Sonntag. Auch wir sollen es verstehen und daran erinnert werden, dass der Glaube, der an Ostern seinen Anfang genommen hat, nicht ohne Wirkung bleibt. Er bedeutet neues Leben!
Liebe Leser*innen, wie geht es eigentlich nach Ostern weiter? Vor einer Woche noch haben wir festliche Ostergottesdienste gefeiert, und uns wieder neu anrühren lassen von der besten Nachricht der Welt. Von der ungeheuerlichen und unerhörten Botschaft, dass Jesus den Tod besiegt hat und dass er auch uns durch den Glauben an ihn zu einem ganz neuen, ja zum ewigen Leben auferweckt. Gestaunt haben wir über die Osterbotschaft des Engels am leeren Grab: Er ist nicht hier; er ist auferstanden! Die zurückgelassenen Leichentücher und die verlassene Grabnische bot der Engel Gottes als Beweis für seine unfassbare Nachricht an.Trauer, Furcht, Entsetzen, Schrecken, Zweifel, Freude – alle Stimmungsschwankungen und Gefühle wogten bei dieser Nachricht wild durcheinander. Der erste Ostermorgen ließ völlig verwirrte und verstörte Jünger*innen zurück. Eine Hoffnungsbotschaft hatten sie gehört, die sie mit ihrer Lebenswirklichkeit noch gar nicht zusammenbringen konnten.Vielleicht geht es uns heute ganz ähnlich wie den ersten Adressaten der Auferstehungsbotschaft. Natürlich, die gute Nachricht von Ostern haben wir wieder einmal gehört, aber realisieren wir sie wirklich? Wie passt sie zu unserem Leben? Ändert sich dadurch etwas, oder geht es weiter wie bisher, als wäre Ostern nicht gewesen, als wäre Ostern überhaupt nie geschehen? Noch eine Woche Osterferien für die Schüler*innen, aber für viele Arbeitnehmer*innen hat der Alltag bereits wieder begonnen. Nun, die ersten Osterzeugen gingen auch wieder an die Arbeit. Der Evangelist Johannes hat genau festgehalten, was nun nach den aufwühlenden Ereignissen in Jerusalem ein paar Tagesreisen entfernt in Galiläa am See Genezareth nahe der Ortschaft Tiberias geschehen ist. Hören wir, was Johannes aufgeschrieben hat:
Danach [nach den Osterereignissen in Jerusalem] offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See von Tiberias. Er offenbarte sich aber so: Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten’s nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte: »Es ist der Herr«, da gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich in den See. Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer am Boden und Fisch darauf und Brot. Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg herauf und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht. Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr. Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch den Fisch. Das ist nun das dritte Mal, dass sich Jesus den Jüngern offenbarte, nachdem er von den Toten auferstanden war.
Mit sechs seiner Weggefährten hatte Petrus das alte Fischerboot wieder flott gemacht. „Ich will fischen gehen“, so hatte er zu ihnen gesagt und damit den Versuch unternommen, wieder zu einer Normalität im Leben zurückzukehren. Die Hinrichtung in Jerusalem, das leere Grab, die Erscheinung vor den Jüngern, das alles spukt in seinem Kopf herum. Nach Galiläa ist er zurückgekehrt, denn nun soll alles wieder so sein wie vorher. Seine Freunde pflichten ihm bei: „Wir wollen mit dir gehen.“ Auch sie wollen in ihren alten Beruf zurück. Deshalb steigen sie ins Boot, wie früher. Sie haben nichts verlernt. Die dunkle Nacht schlagen sie sich auf dem See um die Ohren. Doch im Morgengrauen rudern sie mit leeren Netzen dem Ufer entgegen. Dort am Ufer steht jemand, der die Bootsbesatzung in ein Gespräch verwickelt. „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ „Nein“, antworten Petrus und seine Freunde und lassen sich die vertraute und recht bevormundende Anrede gefallen. „Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden“, so hören sie die Anweisung des Unbekannten am Ufer. Die erfahrenen Fischer tun es, völlig entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten. Wie soll im Morgengrauen noch ein Fisch ins Netz gehen?Ganz nebenbei stellt sich jedoch ein Déjà-vu ein: Hatten sie diese Szene nicht schon einmal erlebt? Mitten am Tag hatten sie einen großen Fang gemacht, die Netze drohten zu reißen. Auch jetzt wieder konnten sie das Netz wegen der Menge der Fische kaum noch ziehen. Johannes spricht zuallererst aus, was alle denken: „Es ist der Herr!“ Petrus wirft sich ins Wasser und will möglichst schnell ans Ufer zu Jesus. Die anderen folgen ihm.Ein zweites Déjà-vu erwartet sie: Auf einem Kohlenfeuer liegen bereits gebratene Fische und Brot steht bereit. Sie werden alle satt. Fünf Brote und zwei Fische, das hatte einst gereicht, um 5000 Leuten den Hunger zu stillen. Kein Zweifel: „Es ist der Herr!“ Mitten in ihrem Alltag, mitten bei der Arbeit hatte sich Jesus als der Auferstandene gezeigt. Und so macht er es heute noch, auch bei uns. Mitten in unserem Alltag, mitten bei der täglichen Arbeit will er uns die Osterwirklichkeit unter Beweis stellen. Er selber ist es, der sich einmischt in unser Leben. Und wir werden es dann erkennen: „Ja, es ist der Herr!“ Wie aber geschieht das? Was sind die Voraussetzungen für diese Erkenntnis? – Nun, die Jünger hatten wenigstens den Hinweis, sich nach Galiläa aufzumachen, befolgt. Dann hat sich Jesus ihnen gezeigt, sich ihnen offenbart, wie er es versprochen hatte. Auch für uns heute gibt es einen solchen Begegnungsort mit dem Auferstandenen, den wir unbedingt aufsuchen müssen, damit er sich uns zu erkennen geben kann. Denn unser Galiläa ist die Bibel, Gottes Wort, das Evangelium von Jesus Christus. Hier kann man etwas über Jesus erfahren. Hier ist berichtet, was Jesus unter uns Menschen getan hat und zu welchem Sinn und Ziel er leiden musste und am Kreuz gestorben ist. Hier will sich Jesus auch uns als lebendiger Herr und Heiland zeigen und sich zu erkennen geben. Wer ihn in seinem Wort suchen wird, von dem wird er sich auch finden lassen, so hat er’s versprochen. Aber es ist immer Jesus selber, der uns von seiner Auferstehung überzeugen muss. Mancher erkennt Jesus gleich bei der ersten Begegnung, andere wiederum forschen lange in der Schrift und sie erkennen ihn erst, wenn ein Kundiger die Schrift erklärt. Zumeist sind es die ganz persönlichen Fragen, mit denen Gott uns anspricht. „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ so redet der Auferstandene seine Jünger an und lässt sie dann erfahren, wie er für sie sorgt. Es gibt eine ganze Reihe von Bibelstellen, in denen Gott eine ganz persönliche Frage an uns Menschen richtet. Die meisten dieser Fragen treffen mitten ins Herz. Es sind Fragen, die einen schwachen Punkt ansprechen, die ein Versagen oder einen Mangel aufzeigen. Hörst du auch die Frage, die er an dich richtet? Es sind aber immer Fragen, die uns die Größe Gottes bewusst machen und die uns zur Erkenntnis finden lassen: „Ja, es ist der Herr!“ Eine Frage will ich zum Schluss noch klären: Vielleicht haben Sie sich gefragt, warum die Jünger ausgerechnet 153 Fische gefangen haben. 153 soll nach altkirchlicher Überlieferung die präzise Anzahl der in der Antike bekannten Fischarten gewesen sein. Und diese Gesamtzahl der Fische steht hier wohl für die Gesamtzahl aller Völker der Erde. Denn alle Völker der Erde sollen zu der Erkenntnis kommen wie die sieben Jünger am See Tiberias: „Es ist der Herr!“ Der Auftrag zur Mission ist in der Anzahl der Fische versteckt. Auch wir sollen die Ostererfahrung nicht für uns selber behalten, sondern sie weitergeben und weitertragen in die Welt hinaus. „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja!“ Amen.
Lied: Jesus lebt, mit ihm auch ich (EG 115, 1.3.5)
Fürbittengebet / Vaterunser
Du Gott des Lebens, du hast deinen Sohn, Jesus Christus, nicht im Tode gelassen, sondern auferweckt, damit auch wir leben. Wir danken dir, dass durch die Kraft der Auferstehung der Stachel des Todes besiegt ist. Wir bitten dich, lass uns den Sieg des Lebens spüren und die Kraft der Auferstehung erfahren. Wir bitten dich für offene Ohren, die die Hinweise des Lebens verstehen und recht deuten. Wir bitten dich für wache Augen, damit wir die Spuren der Auferstehung auch in unserem Leben finden. Wir bitten dich, dass wir den Wert des Lebens begreifen und es mit unseren Händen schützen und bewahren. Wir bitten dich, dass wir den Geruch des Lebens wahrnehmen und mit unserer Kraft dazu beitragen, es zu erhalten. Wir bitten dich, dass wir die Frucht deiner Auferstehung schmecken in jedem Brot, das wir essen, und in jedem Schluck, den wir trinken. – Vater unser im Himmel…
Segen
Der Herr segne und behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen+++
Bleiben Sie behütet und gesund.
Es grüßt Sie herzlichst, Ihre
Diakonin/Prädikantin Sabine Klatt