Andacht 13. So. n. Trinitatis, 03.09.2023, Pfarrer Alexander Donges und Pastor Lars Schwesinger (EFG Hassenhausen) – ökumenischer Kirmesgottesdienst

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Votum und Begrüßung

Liebe Leserinnen und Leser,

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“. Freier lässt sich dieser Satz von Hermann Hesse lesen, dass ein Neuanfang immer etwas Besonderes in sich trägt. – So feiern wir diese Andacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Schriftlesung Lk 19, 1-10

Und Jesus zog nach Jericho und ging hindurch. Siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt. Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden. Da sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. Zachäus aber trat herzu und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück. Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist ein Sohn Abrahams. Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

Impuls Teil 1

Zachäus war ein Mann, der in seinem Leben viel erreicht hat – vor allem hatte er ein enormes Vermögen angehäuft. Er konnte sich ein lebenswertes Dasein ermöglichen, weil Geld in seinem Leben kein Problem darstellte. Davon hatte er mehr als genug. Und doch wäre er der letzte, der sich als liebenswerten Menschen bezeichnen würde. Er war Zöllner, ein Steuereintreiber und die wurden damals verachtet. Mit Ihnen wollte niemand zu tun haben. Sie galten als Verbrecher, Halsabschneider, Sünder, weil sie den Leuten ihr Geld aus der Tasche zogen und wo es ging schikanierten und erpressten. Ein Geschichtsschreiber dieser Zeit hat herausgefunden, dass es 35 verschiedene Schimpfwörter gab mit denen man einen Zöllner beleidigen konnte, aber nur 10 Redewendungen mit denen man ihn loben konnte. Auch Zachäus war solch ein Zöllner. Ein Zöllner, der die Menschen belogen und betrogen hat, um Geld zu scheffeln. Doch Zachäus fühlte sich nicht mehr wohl in seiner Haut. Könnt ihr euch vorstellen, wie Zachäus reich an Geld und arm an Freunden sein Leben fristete, ausgegrenzt, gehasst? Könnt ihr euch Zachäus vorstellen, wie er tagtäglich in seinem Häuschen saß und die Leute an ihm vorübergingen? Wie er in manch hasserfülltes Gesicht blicken musste und manche der 35 möglichen Verwünschungen über sich ergehen lassen musste? Ich kann mir vorstellen, dass er sich nichts mehr wünschte, als diesem Zollhäuschen zu entkommen und neu anzufangen. Jeder von uns kennt Momente im Leben, in denen wir das Gefühl haben, dass wir auf dem falschen Weg sind, dass unser Leben aus den Fugen geraten ist. Es gibt Situationen in unserem Leben, die den Wunsch in uns wecken, noch einmal von neuem zu beginnen. Da sind Taten, die man besser nicht getan hätte, oder Worte, die man lieber nicht gesagt hätte. Aber nicht nur das, was wir tun und sagen hinterlässt Spuren, sondern auch das, was andere uns angetan und gesagt haben, prägt uns. Wir werden von Menschen verletzt und enttäuscht und wir können diese Erfahrungen nicht aus unserem Gedächtnis löschen. Wir können unsere Taten und Worte nicht zurücknehmen und wir können die Taten und Worte anderer auch nicht ungeschehen machen – und doch möchten wir so vieles rückgängig machen und neu anfangen. So erging es auch Zachäus. Er mochte zwar reich sein, aber er fühlte sich innerlich arm. Das Streben nach Reichtum und Macht hatte ihn isoliert und entfremdet. Doch Zachäus war nicht bereit, sich mit diesem Leben abzufinden. Er spürte den Wunsch nach Veränderung und suchte nach einem Weg, wie er sein Leben verbessern könnte. Diese Suche nach Veränderung ist der erste Schritt zu einem Neuanfang. Eines Tages hörte Zachäus von Jesus, dem Wanderprediger, der Wunder vollbrachte und die Herzen der Menschen berührte. In ihm sah Zachäus die Möglichkeit für einen Neuanfang. Egal welche Hindernisse der Jesusbegegnung im Weg stehen würden, er war entschlossen, es auch auf ungewöhnlichem Wege zu schaffen. Ich finde, dass man für Neuanfänge Mut und Entschlossenheit braucht. Was der Zöllner dann erlebt, ist mehr als er erwartet hatte. Vielleicht einen Blick von Jesus erhaschen, einen Teil seiner Predigt hören zu können. Das wäre schon genug gewesen. Aber das Jesus bei ihm zu Gast sein will? Wahnsinn! Darin wird deutlich, wie Gott uns Menschen sieht, wie er uns auch heute noch begegnen will. Jesus wendet sich nicht dem Zöllner, sondern dem Menschen Zachäus zu.   Jesus sieht in allererster Linie den Menschen, um den Menschen das zu geben, was sie benötigen: Anteilnahme, Hilfe, Vergebung – einen Neuanfang. Als Jesus Zachäus ins Herz blickte, sah er dessen tiefen Verletzungen, und spürte seinen Wunsch an seiner Seele gesund zu werden. Er sah, was nicht gut gelaufen ist, nahm die Schuld des Zöllners wahr. In dieser bedingungslosen Zuwendung Jesu zu uns Menschen, drückt sich Gottes Liebe aus. Jesus hat auf dieser Erde gelebt, um den Menschen zu sagen, dass sie Gottes Liebe wert sind und ihnen Neuanfänge zu ermöglichen. Auch heute, wenn die Sehnsucht nach einem Neufang in uns aufkeimt; dort, wo das Leben so festgefahren und irrelevant erscheint, sind wir eingeladen Jesus zu begegnen. Von Zachäus wird gesagt, dass er „eilends vom Baum herabstieg und Jesus mit Freuden aufnahm!“ Was für eine schöne Aussage: Neuanfang bewirkt Freude! Wer sich Jesus öffnet, soll fröhlich und von Zuversicht erfüllt werden. Allein das, ist schon ein toller Neufang.

Lied: EG 395 „Vertraut den neuen Wegen“

Impuls Teil 2

Mich erinnert die Geschichte von Zachäus an die Sendung „Plötzlich Arm, plötzlich Reich“. Hand hoch wer im Trash TV so bewandert ist und die Sendung kennt. Das Prinzip ist einfach: Es gibt eine reiche Familie und eine arme Familie. Reich, das meint irgendwas zwischen Dagobert Duck und Bruce Wayne und arm irgendwo im Bereich des Existenzminimums. Die reiche Familie tauscht eine Woche ihr Leben mit dem der armen Familie. So weit so einfach erklärt. Interessant ist, was sich die plötzlich reiche Familie so alles mit dem Geld leistet: Porsche fahren, einen Kurztrip nach Mallorca, im Pool baden gehen, die Kinder zum Reiten schicken und im Supermarkt das teuerste Stück dry aged Steak kaufen. Und man wird beim Zuschauen, zugegebenermaßen, doch so ein wenig neidisch und würde vielleicht selbst gerne die Woche mit der plötzlich reichen Familie tauschen wollen. Viel interessanter finde ich aber die Familie zu beobachten, die plötzlich das Leben der armen Familie führt. Fernab von Porsche, Mallorca, Pool, Pferden und dem teuren Stück dry aged Steak. Denn sie entdecken plötzlich andere Dinge im Leben, die wichtig sind. Die Familie, der Zusammenhalt, das einfache sich Unterhalten am Küchentisch ohne Smartphone und fast undenkbar, das, wie komme ich ohne Auto und Smartphone in den nächsten Supermarkt; das gemeinsame Cent-Münzen-Zählen im Supermarkt, ob das Geld für das Stück Melone noch ausreicht. Plötzlich gibt es andere Dinge im Leben, die wichtig werden. Und das sind keine materiellen, sondern soziale und familiäre. Der Sender begleitet das Leben der Familien nur 7 Tage. Wir wissen nicht was nach den 7 Tagen geschieht. Bleibt es dabei, dass das neu entdeckte weiterhin so geschätzt wird oder kehrt alles zum Alten zurück. Wie sehr schätzt die wieder Reiche Familie das andere, das sie kennen gelernt haben? Ist das möglicherweise sogar etwas, was in ihrem Leben zu kurz kam oder gefehlt hat? Auch und jetzt schlage ich den Bogen zurück zur Geschichte von Zachäus wissen wir nicht wie es nach der Begegnung von Zachäus mit Jesus weitergeht. Jesus begegnet Zachäus. Erst auf der Straße, dann bei ihm zuhause. Verändert die Begegnung langfristig Zachäus Einstellung? Vielleicht. Bringt Jesus ihn zum Nachdenken? Mit Sicherheit. So ein Neuanfang, der ist nicht leicht. Das haben wir dieses Jahr feststellen dürfen. Nach unserem Umzug hierher vor ein paar Monaten: Plötzlich neues Umfeld, neue Wohnung, neue Stelle, neue Menschen! Wir können, aber müssen hier auch neu anfangen. Und das neue sind gerade viele Begegnungen. Begegnungen, die uns immer wieder einen neuen Blick auf Dinge geben. Begegnungen beim Bäcker, der Post, auf der Straße aber eben auch auf der Kirmes. Zachäus wurde gezeigt, dass   Freundschaften und Kontakte viel mehr Wert

haben als alles andere (Porsche, Reisen, Pool, Pferde, Steak). Zachäus hat entdeckt, dass dem Neuanfang ein Zauber innewohnt. Amen

Fürbitten

Jesus, auch du hast gern gefeiert. Du hast dich des Lebens gefreut und du willst, dass auch wir uns unseres Lebens freuen. Allen Menschen gönnst du Glück und Gutes in ihrem Leben. Wir rufen zu dir: Erhöre uns, Gott. Jesus, du hast mit deinen Jüngern das Abendmahl gefeiert. Wir danken dir, dass wir heute Kirmes im Fronhausen feiern. Wir danken dir für all die vielen Helfer, die das möglich gemacht haben, und bitten dich: Lass uns ein fröhliches Fest feiern, das allen in guter Erinnerung bleibt. Lass viele im Dorf angesteckt werden von Fröhlichkeit und guter Laune und schenke uns Gemeinschaft. Wir rufen zu dir: Erhöre uns, Gott. Jesus, du hast dich beim Zöllner Zachäus eingeladen. Wir danken dir, dass du auf die Menschen zugehst, die von anderen ausgegrenzt werden. Wir bitten dich: Bewahre uns davor, andere abzustempeln und auszugrenzen. Hilf, dass niemand in unserem Ort sich ausgeschlossen fühlen und dass niemand sich ausschließen muss. Lass uns erkennen, dass Menschen unterschiedlich sind und dass wir ihnen mit Respekt begegnen. Wir rufen zu dir: Erhöre uns, Gott. Jesus, du hast nicht zwischen Einheimischen und Fremden unterschieden. Wir danken dir, dass du nicht auf die Herkunft oder das Geschlecht siehst, und bitten dich: Nimm uns die Angst und die Sorgen vor dem Fremden. So, wie deine Kirche ein offenes Haus für alle Menschen ist, so lass auch unser Dorf offen sein für alle, die hierher kommen. Lass uns keinen Unterschied machen, wer alteingesessen und wer zugezogen ist. Lass uns vielmehr danken, dass wir alle hier heute gemeinsam feiern können. Wir rufen zu dir: Erhöre uns, Gott.

Segen

So segne und behüte euch Gott, der Allmächtige und Barmherzige, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen

Bleiben Sie behütet und gesund!

Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Pfarrer Alexander Donges

und

Pastor Lars Schwesinger

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