Andacht 5. So. n. Trinitatis 09.07.2023 von Diakonin/Prädikantin Sabine Klatt

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Ich freue mich, dass wir heute auf diese Weise miteinander verbunden sind! Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Die Sommerferien sind im Anmarsch. Endlich auch mal länger anhaltender Sonnenschein und Wärme. Man kann sich draußen aufhalten, auch mal wieder einen Biergarten besuchen. Das veranlasste mich einen Sommer-Gottesdienst zu schreiben.

Liebe Leser*innen.

im Sommer, wenn es bis in den Abend warm ist, dann ist Hochkonjunktur für ein gut gekühltes, leckeres Glas … ja, womit denn? Da ist die Auswahl an sommerlichen Getränken ja unüberschaubar. Und wer gerne genießt, tut gut daran, immer einen gewissen Vorrat im Kühlschrank zu haben. Je nachdem wonach einem gerade ist, findet sich dann das passende: Wein, Bier, Limo, Spezi … Irgendwie hat jedes dieser Getränke seine eigene Botschaft. Und genau darauf will ich mit Ihnen heute mal hören.

Erdbeerbowle: Die süße Versöhnung mit dem Tag

Beginne ich einmal hier: Eine Erdbeerbowle – sie ist eigentlich ein Ding aus einer anderen Zeit. Ich kenne das aus meiner Kindheit in den 70er Jahren. Da gehörte die Bowle irgendwie zu jeder Feier. Aber irgendwann kam das aus der Mode. Jetzt ist sie wieder im Kommen. Und das kann ich gut verstehen. Allein der Anblick: Das große gläserne Gefäß. Die Erdbeeren schwimmen an der Oberfläche, ein paar Zitronenscheiben und grüne Melisse. Kleine Kohlensäureperlen haben sich gebildet. Sie ist einfach schön. Die schiere Menge an Früchten und die Möglichkeit da immer wieder etwas herauszuschöpfen, macht das zu einem Relikt aus dem Paradies. Die Bowle sagt zu mir: Das Leben ist doch eigentlich gut. Auch wenn es viel Anstrengendes, Ärger und Ungerechtigkeit gibt. So sehr du dich über tausend Dinge aufregen kannst und über manches am verzweifeln bist: Irgendwann ist nach einem anstrengenden und frustrierenden Tag auch mal wieder der Moment der Erdbeerbowle gekommen. Irgendwie ist das das Gegengewicht zum „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen.“ (1.Mose 3,19) Ich weiß manchmal nicht, warum Gott einem das Leben manchmal so schwer macht. Aber ich sehe auch: Die Erdbeeren hat Gott ja auch geschaffen. Darum darf ein richtig fruchtiger Tag auch einmal einen fruchtigen Abschluss mit einer Erdbeerbowle finden. So als Versöhnung mit all dem Schwierigen, was Gott mir zumutet, will ich auch die guten Seiten wahrnehmen, die Gott mit schenkt.

Spezi: Dem anderen vergeben (Splitter und Balken)

Ich bleibe mal bei den süßen Getränken: Das Spezi. Das kommt eigentlich fast nie bei mir auf den Tisch. Denn irgendwie hat es ja nicht das allerbeste Image. Es ist unglaublich süß. Wegen des vielen Zuckers nicht unbedingt gesund und geschmacklich auch nicht besonders raffiniert. Aber wenn ich mal mit Freunden im Biergarten bin, dann ist ein eiskaltes Spezi manchmal das Getränk der Wahl. Und ich genieße es. Ich kann mir das auch nicht so genau erklären. Vielleicht ist es ein bisschen Regress in die eigene Kindheit, wo man sich um Kalorien keine Gedanken gemacht hat und ein Cola-Mix einfach das Allerhöchste war. Das ist wohl der Reiz, sich mal zu so etwas Unvernünftigen hinreißen zu lassen. Das gehört zum Menschsein wahrscheinlich auch dazu: Nicht immer nur vernunftgesteuert zu handeln. Sondern sich selbst gegenüber auch manchmal gnädig zu sein ist, sich ein Spezi gönnen, oder was sonst bei vernünftigen vorbildlichen Menschen nicht so gern gesehen ist: Bildzeitung lesen, beim McDonalds essen oder eine dämliche Serie auf RTL schauen. Ich glaube, Martin Luther würde das gut finden. Ein Motto von ihm war: „Sündige tapfer“. Damit wollte er nicht aufrufen Böses zu tun. Sondern er wollte deutlich machen: Es ist ganz normal, dass du Fehler machst, unvernünftig handelst. Das gehört zum Mensch- und sündersein einfach dazu. Jesus warnt ja auch davor, dass wir uns selber bloß nicht einbilden sollen, fehlerlos zu sein. Vor allem, weil wir dann ganz schnell dazu übergehen, die Fehler immer bei den Anderen zu sehen: Er hat gesagt: Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr? Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen. (Lk 6,41f)

Wein: ganz wenig ist notwendig

Natürlich darf ich den Wein nicht vergessen. Klassisch sind da ja trockene, leichte Weißweine. Aber es geht auch in Rot: Wie wäre es zum Beispiel mit einem fränkischen Silvaner oder einem Bardolino vom Gardasee? Dazu ein Röschen Ciabatta-Brot. Neben uns sitzen die Kaninchen im Freigehege und knabbern am Klee. Wenn ich die Szene so betrachte kommt es mir vor als wäre ich mitten hineinversetzt in einen alten Psalm der Bibel: In Psalm 104,14 heißt es: Gott, du lässt Gras wachsen für das Vieh und Saat für den Menschen, dass du Brot aus der Erde hervorbringst, damit der Wein erfreue des Menschen Herz. Ein Glas Wein. – Ein Stück Brot. – Ein Tier, um das man sich kümmert. – Ein Mensch, den man lieb hat. Und wenn ich diese Szene so auf mich wirken lasse spüre ich, wie wenig man eigentlich für so ein kleines Glück braucht. Ja … und dann dauert es nicht lange bis mir bewusst wird, was ich als Mensch um dieses Wenige herum noch so alles ansammle. Oft in der Erwartung, dass das auch ganz ganz wichtig für mein Glück ist. Aber nüchtern betrachtet: Das ist zwar alles schön und nett, aber oft genug ist es auch nur überflüssiger Ballast.

Heulimo: Die Vielfalt der Schöpfung

Eine Heulimonade. Ja, Sie haben richtig gehört. Eine Limonade mit echtem Heugeschmack. Bei Heu handelt es sich in der Regel um Nahrung für die Kühe im Winter. Allerdings ist Heu auch trinkbar. Und dabei spricht man nicht von der Milch, welche die Kühe nach ihrem Verzehr von Heu abgeben. Denn bereits seit dem Jahr 2016 gibt es das trinkbare Heu – ganz ohne Umweg über Kühe. Schon in Kleinstmengen vermittelt es den Eindruck, dass man im angenehm duftenden Heu stehen würde – habe ich mir sagen lassen. Selber probiert habe ich sie allerdings bislang noch nicht. Da gibt es beispielsweise eine Variante der Heulimonade aus Bergwiesenheu mit 70 verschiedenen Kräutern, die da verarbeitet werden. 70 verschiedene Kräuter! Ich kenne wohl nicht mal 10 davon. Da merke ich, wie wenig ich von der Fülle und Vielfalt der Schöpfung erahne, obwohl ich einen großen Nutzgarten habe und viel in der Natur unterwegs bin. Wie großartig das alles um mch herum ist – und wie eng mein Horizont gesteckt ist. Wenn Naturschützer von Biodiversität sprechen, dann ist das für mich häufig ein sehr spröder und kaum anschaulicher Begriff. Biodiversität umfasst die verschiedenen Lebensformen (Arten von Tieren, Pflanzen, Pilzen, Bakterien), die unterschiedlichen Lebensräume, in denen Arten leben (Ökosysteme wie der Wald oder Gewässer), sowie die genetische Vielfalt innerhalb der Arten (z.B. Unterarten, Sorten und Rassen). Die Bergwiesenheulimo erinnert mich an die Vielfalt, die Gott uns in der Natur geschenkt hat. Dass da jedes Ding in seiner Art geschaffen ist. Alles hat seinen Sinn und Zweck im Kreislauf der Natur. Und ich werde daran erinnert an diese wunderbare Vielfalt der Schöpfung und an meine eigene Verantwortung für den Erhalt dieser Vielfalt.

Kellerbier: Bibelverse verkosten

Hat Ihnen ein Bier gefehlt? Hier kommt es. Ich selber trinke kein Bier. Aber ich habe einen Freund, der für eine große Firma im Fränkischen Malz an Brauereien verkauft und sich sehr gut mit Bier und Biersorten auskennt. Den habe ich gefragt. Ihm gefällt abends im Sommer ein Kellerbier: Bernsteinfarben, naturtrüb, nur wenig Kohlensäure. Am besten noch mit Schnappverschluss. Er könnte zwar auch ein Jever trinken: Erinnert an Nordsee und ist frisch herb … aber das gluckert viel zu schnell die Gurgel runter, sagt er. Mit dem dunklen Kellerbier sei das ganz anders. Da kann man beim Trinken langsam genießen, so als wäre es flüssiges Brot. So einen Mund voll … wirken lassen … schlucken … dem Geschmack noch ein bisschen nachspüren. – So ähnlich haben es wahrscheinlich die Mönche früher mit ihren selbstgebrauten Bieren gemacht. Aber die haben nicht nur ihr Bier ganz langsam verkostet, sondern auch Bibelverse: Sie haben sich für einen Tag einen Bibelvers genommen, ihn sich selbst vorgesagt, und dann ein bisschen den eigenen Gedanken dazu nachgehangen. Zum Beispiel diesen hier aus Epheser 2,8: Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es. Hmmm … Worte, die sich nicht sofort erschließen. Aber man muss ja nicht gleich aufgeben. Nach einiger Zeit sagt sich der Mönch den Spruch wieder: Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es. – Und er lässt ihn sich auf der Zunge zergehen, versucht ein bisschen was herauszuschmecken, aus dem ein oder anderen Wort. Immer wieder – sozusagen Schluck für Schluck. Die Mönche damals entdeckten, dass dabei keine Langeweile entstand, sondern immer wieder neue Eindrücke und Gedanken. Ja, wenn wir heute immer noch mit den gleichen Regeln wie bei den Mönchen das Bier brauen würden, dann könnte die Idee mit dem Verkosten von Bibelsprüchen auch einen Versuch wert sein. Manche lesen ja die Losungen, da gibt’s ja auch immer einen Bibelvers, den sie mit sich durch den Tag tragen und verkosten. Das wäre doch was.

Liebe Leser*innen, jetzt haben meine Getränke fertiggepredigt.

Die Erdbeerbowle – die mich mit ihren wunderbaren Früchten ein bisschen für manche Last im Leben entschädigt.

Das Spezi, das mich erinnert: Du darfst Schwächen haben, dein Nächster aber auch.

Der Wein, an dem ich lerne, mit wie wenig man eigentlich gut auskommen kann.

Die Heulimo mit ihrer Botschaft von der wunderbaren Vielfalt von Gottes Schöpfung.

Und das Kellerbier, das man – ähnlich wie einen Bibelvers – Schluck für Schluck genießen kann. Amen

Gebet

Gott, barmherzig und freundlich, wir danken für die Sommersonne, für Wärme und Freiheit. Wir danken für viele gute Ideen, für neue Wege, die wir gehen können. Du gibst unseren Füßen weiten Raum. Dafür danken wir. Wir denken an die Menschen, bei denen es eng geworden oder geblieben ist, die in Angst leben: Steh ihnen bei und schütze sie. Gib ihnen weiten Raum. Wir bitten für alle, die leiden unter Misserfolgen und Fehlschlägen, die durch Naturkatastrophen oder Krieg Hab und Gut und die Heimat verloren haben, Menschen, die um Tote trauern. Schenk ihnen neuen Mut. Gib ihnen weiten Raum. Allen, die Entscheidungen treffen müssen in unsicherer Zeit, gib Weisheit. Uns allen hilf, dass wir offen sind für Erfahrungen deiner Liebe und Güte und dankbar bleiben. – Vater unser … Amen

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich; er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; er erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen+++

Bleiben Sie behütet und gesund.

Es grüßt Sie herzlichst, Ihre

Diakonin/Prädikantin Sabine Klatt

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