Andacht 5. So. n. Trinitatis, 30.06.2024, Sabine Klatt (Diakonin/Prädikantin)

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„Aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.“ (Wochenspruch Eph 2,8) – Ich freue mich, dass wir auf diese Weise miteinander verbunden sind – im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Gebet

Dir, Gott, vertraue ich meine Sorgen an und ich bin zuversichtlich, dass sie bei dir gut aufgehoben sind. Dir vertraue ich meine Fehler an und hoffe, dass du mich nicht verurteilst. Dir vertraue ich meinen Kummer an und ich bin getrost, dass du ihn verwandeln kannst. Dir vertraue ich meine Zweifel an, weil ich glaube, dass du sie beantworten kannst. Dir, Gott, vertraue ich meine Geheimnisse an, weil ich weiß, dass sie bei dir geschützt sind. Amen

Ansprache 2. Korinther 12,1-10

Liebe Leser*innen!

Kennen Sie Ihre Stärken? Und gelingt es Ihnen auch, diese zu präsentieren? Wir stehen ja ständig in einem Wettbewerb. Gerade auch dann, wenn wir beruflich weiterkommen wollen. Kann ich da mithalten? Oder stehe ich auf der Verliererseite? – Wettbewerb – das kannte auch schon der Apostel Paulus. In der Gemeinde von Korinth gab es nämlich Leute, die ebenfalls mit dem Anspruch auftraten, Apostel zu sein. Also Menschen, die in der Vollmacht und im Auftrag Gottes sprechen zu meinten. Menschen, die sich wortgewandt präsentieren konnten. Und die darüber hinaus Wunder wie Heilungen vorweisen konnten. Paulus hatte also Konkurrenten. Konnte er da mithalten? Und wie ist er mit dieser Herausforderung umgegangen?

Gerühmt muss werden; wenn es auch nichts nützt, so will ich doch kommen auf die Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn. Ich kenne einen Menschen in Christus; vor vierzehn Jahren – ist er im Leib gewesen? Ich weiß es nicht; oder ist er außer dem Leib gewesen? Ich weiß es nicht; Gott weiß es –, da wurde derselbe entrückt bis in den dritten Himmel. Und ich kenne denselben Menschen – ob er im Leib oder außer dem Leib gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es –, der wurde entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann. Für denselben will ich mich rühmen; für mich selbst aber will ich mich nicht rühmen, außer meiner Schwachheit. Denn wenn ich mich rühmen wollte, wäre ich kein Narr; denn ich würde die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber dessen, damit nicht jemand mich höher achte, als er an mir sieht oder von mir hört. Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche. Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne. Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.

Soweit also die Argumentation des Paulus. Er kann durchaus mithalten mit seinen Gegnern, die gleichsam als Superapostel aufgetreten sind. Ein außerordentliches spirituelles Erlebnis ist auch ihm zuteilgeworden. Den göttlichen Ritterschlag hat auch er empfangen. Er hat eine Himmelsreise erlebt und ins Jenseits geblickt. Was kein Auge je gesehen und kein Ohr je gehört hat, ist ihm dabei widerfahren. Darauf könnte er stolz sein. Und er könnte es als Ausweis seiner Autorität benützen. Er könnte damit seine Gegner übertrumpfen. Aber genau das tut er nicht. Er bleibt auf dem Boden. Er dreht den Spieß um. Und er benennt genau das Gegenteil dessen, was im Wettbewerb der Starken zählt. Er sagt: „Für mich selbst will ich mich nicht rühmen, außer meiner Schwachheit.“ Es ist für Paulus wichtiger, seine eigene Schwachheit einzugestehen als seine Gegner an Stärke zu übertrumpfen. Warum tut er das? Er tut das, weil er selbst als fehlbarer Mensch, als Verfolger der christlichen Gemeinde und als „unzeitige Geburt“ vor Damaskus in einer Vision den auferstandenen Jesus als Messias erlebt hat. Paulus war auf einem Irrweg gewesen. Und Christus hat ihn als sein Werkzeug berufen. Das hat ihn überwältigt und befreit. Und das war Gnade. Kein Grund, sich darauf etwas einzubilden. Sondern Grund dankbar zu sein und bescheiden zu bleiben. Sich nicht zu brüsten mit der Erkenntnis höherer Welten. Sondern auch das Schwache und das Armselige zu sehen. Paulus hat wohl auch an einer sehr schmerzhaften Krankheit gelitten. Darum nennt er sie einen „Pfahl im Fleisch“ und bezeichnet sie als Schläge des „Engels Satans“. Aber selbst diese Krankheit sieht er noch positiv. Denn sie dient ihm als Erinnerung daran, auf dem Boden bleiben zu müssen. Er hat nämlich im Gebet seinen Herrn angefleht: Befreie mich doch von diesem Leiden! Da kam die Antwort: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit. „Meine Gnade genügt dir.“ Diese Antwort Jesu war nicht nur wichtig für Paulus. Sie ist auch wichtig für uns. Daran hängt unser ganzer Glaube. Mehr braucht es nicht. Das kann ich mir nicht selbst zusprechen. Das muss mir von außen, von einem anderen gesagt werden. Doch leicht ist es nicht, dazu Ja zu sagen. Es kann sein, dass ich lange damit ringen muss. Vielleicht brauche ich jemanden, der mich immer wieder mit der Nase darauf stößt, wie viel Kostbares ich in meinem Leben dieser Gnade verdanke. Wie oft bin ich gerade noch davongekommen! Durch welches Wunder bin ich davor bewahrt worden, einen schlimmen Fehler zu begehen? Wenn es jemand gelingt, mich auch auf solche Wendungen meines Lebens aufmerksam zu machen, dann kann es sein, dass ich auf einmal das Bedürfnis spüre, danke zu sagen: „Danke, deine Gnade genügt mir“.

Das ist das Entscheidende und das Ganze, was ich überhaupt von Gott wissen und sagen kann: Er hat sich herabgeneigt zu uns fehlbaren und verlorenen Menschen. Er nimmt sich unser an. Und er verleiht uns eine Würde, die niemals Verdienst, sondern immer nur ein Geschenk ist. „Meine Gnade genügt dir.“ – Das ist das Licht des Evangeliums, wie mit einem Brennglas gebündelt. „Meine Gnade genügt dir.“ Für uns ist das eine nicht zu überschätzende Entlastung. Der Druck, im Wettbewerb der Starken mithalten zu müssen, wird dadurch weggenommen. Wir dürfen Schwächen zeigen. Und das kann durchaus positiv sein. Wenn ich bei einem Vorstellungsgespräch Schwächen zugebe, werde ich auch als ehrlich und authentisch wahrgenommen und hebe mich vielleicht von anderen Bewerbern ab, die versuchen, perfekt zu erscheinen. Und wenn ich in der Partnerschaft Schwächen eingestehe, trage ich durchaus auch dazu bei, dass wir Partner einander näherkommen und uns gegenseitig besser verstehen und unterstützen können. Wenn ich zu meinen eigenen Schwächen stehe, lerne ich mich selbst zu akzeptieren und zu lieben. Das dient dann auch meinem Selbstwertgefühl und meiner psychischen Gesundheit. Ich muss keine Angst haben, auf der Verliererseite zu landen. Ich darf aber gewiss sein, dass Gottes Gnade genügt. Das befreit mich von der Angst, ich müsse immer nur aus eigenen Kräften gut dastehen. Denn liegt nicht an unserem Wollen oder Laufen, sondern allein an Gottes Erbarmen. Amen.

Fürbitte

Gott, wir kommen zu dir, weil wir wissen, dass wir dir alles sagen können, was wir auf dem Herzen haben.

Wir bitten dich für die Menschen, die hinter einer bürgerlichen Fassade leben, doch ohne Sinn, Kraft und Leidenschaft; deren Leben langweilig geworden ist. Gib ihnen größere Gedanken, Gott. – Wir bitten für die Menschen, die im Lauf ihres Lebens hart und böse geworden sind, über andere herziehen, schlecht über sie reden und Unfrieden in der Gemeinde stiften. Was kann ihren Gefühlspanzer und ihre Herzlosigkeit aufbrechen? – Wir bitten dich auch für uns selbst. Jeder hat seine Lasten, seine Probleme. Mit manchen wird er, wird sie nicht fertig. Dir, Gott, trauen wir zu, dass du uns helfen kannst. Darum bitten wir: Herr, erbarme dich. – Vater unser im Himmel, … Amen

Segen

Der Herr segne und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen +++

Bleiben Sie behütet und gesund!

Es grüßt Sie herzlichst, Ihre

Sabine Klatt