Andacht 6. So. n. Trinitatis, 07.07.2024, Sabine Klatt (Diakonin/Prädikantin)

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Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes feiern wir diese Andacht. Ich freue mich, dass wir auf diese Weise miteinander verbunden sind!

Gebet

Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Darum wollen wir heute wieder dir begegnen, guter Gott. Deinem Wort, deinem Geist, deiner Kraft. Denn wir wissen doch, dass du uns bereichern und neue Welten eröffnen kannst. Darauf hoffen wir durch die Gnade deines Sohnes Jesus Christus und die belebende Kraft des Heiligen Geistes. Amen

Der Kämmerer aus Äthiopien (Apg 8,26-39)

Aber der Engel des Herrn redete zu Philippus und sprach: Steh auf und geh nach Süden auf die Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinabführt und öde ist. Und er stand auf und ging hin. Und siehe, ein Mann aus Äthiopien, ein Kämmerer und Mächtiger am Hof der Kandake, der Königin von Äthiopien, ihr Schatzmeister, war nach Jerusalem gekommen, um anzubeten. Nun zog er wieder heim und saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaja.Der Geist aber sprach zu Philippus: Geh hin und halte dich zu diesem Wagen! Da lief Philippus hin und hörte, dass er den Propheten Jesaja las, und fragte: Verstehst du auch, was du liest? Er aber sprach: Wie kann ich, wenn mich nicht jemand anleitet? Und er bat Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen. Die Stelle aber der Schrift, die er las, war diese (Jes 53,7-8): »Wie ein Schaf, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Lamm, das vor seinem Scherer verstummt, so tut er seinen Mund nicht auf. In seiner Erniedrigung wurde sein Urteil aufgehoben. Wer kann seine Nachkommen aufzählen? Denn sein Leben wird von der Erde weggenommen.« Da antwortete der Kämmerer dem Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem redet der Prophet das, von sich selber oder von jemand anderem? Philippus aber tat seinen Mund auf und fing mit diesem Schriftwort an und predigte ihm das Evangelium von Jesus. Und als sie auf der Straße dahinfuhren, kamen sie an ein Wasser. Da sprach der Kämmerer: Siehe, da ist Wasser; was hindert’s, dass ich mich taufen lasse? Und er ließ den Wagen halten und beide stiegen in das Wasser hinab, Philippus und der Kämmerer, und er taufte ihn. Als sie aber aus dem Wasser heraufstiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus und der Kämmerer sah ihn nicht mehr; er zog aber seine Straße fröhlich. 

Liebe Leser*innen. Ich mag diese Geschichte vom Kämmerer aus Äthiopien unheimlich gern. Einmal, weil die Begegnung mitten auf der Straße so spannend verläuft. Und dann, weil darin so fröhlich und tiefgängig vom Glauben erzählt wird. Ich stelle Ihnen diese beiden Leute erstmal vor und wir schauen in die Geschichte hinein. Wir haben zum einen Philippus. Vorher in der Apostelgeschichte erfahren wir, dass Philippus einer ist, der sich auskennt mit dem Glauben und schon ganz unterschiedliche Erfahrungen damit gemacht: er musste aus Jerusalem flüchten, weil die Christen der Urgemeinde dort verfolgt werden. Dann ist er als Missionar unterwegs: er predigt, er heilt Kranke und dabei erlebt er, dass Gott ihm Fähigkeiten geschenkt hat. Und wird er auf einmal losgeschickt von einem Engel, auf eine Straße zwischen Jerusalem und Gaza (in eine Gegend, wo einem im Moment wahrscheinlich Raketen, Soldaten und viel Elend begegnen). Damals war es vor allem eine einsame und staubtrockene Straße. Aus der Ferne sieht er aus Richtung Jerusalem einen Wagen in einer Staubwolke angerumpelt kommen. Drinnen sitzt der Kämmerer, der ist Hofbeamter bei einer afrikanischen Königin, und zwar ihr Schatzmeister persönlich. Der Kämmerer muss ein ziemlich ungewöhnlicher Mann gewesen sein, denn der war in Jerusalem, um dort den Gott der Juden anzubeten. Das war nicht üblich, dass ein Mann aus einer völlig anderen Kultur mehrere tausend Kilometer nach Jerusalem reist um dort einen fremden Gott anzubeten. Wahrscheinlich hatte er in seiner Heimat etwas über den jüdischen Glauben erfahren, dass ihn neugierig gemacht hat. Ich frage mich, mit welchen Eindrücken er da jetzt in seinem Wagen sitzt? Vielleicht war er enttäuscht, weil er gemerkt hat, dass er nicht zum Judentum dazugehören kann. Er war nämlich vermutlich kastriert, und dann hätte er sich nicht mehr beschneiden lassen können um Jude zu werden. Vielleicht war es aber auch ganz anders und er war begeistert von seiner Reise, vom Tempel und den Gesprächen mit den Gelehrten… Seine Suche nach Gott hat er jedenfalls noch nicht beendet, denn er hat sich eine Schriftrolle vom Propheten Jesaja gekauft, um mehr über den Gott der Juden zu erfahren. Mit dieser Rolle sitzt er nun im Wagen und studiert sie… Ich stelle mit den Kämmerer als einen selbstbewussten Menschen vor, ein Mann der Tat. Er ist es gewohnt, zu entscheiden und ist bereit, für seine Ziele viel auf sich zu nehmen. Und diese beiden Männer begegnen sich nun, von Gott zusammengeführt in der Einöde. Philippus sieht diesen Wagen und bekommt noch eine Ansage von Gott: Geh hin und bleib in der Nähe von diesem Wagen. Philippus geht und er hört, dass der Kämmerer im Wagen laut liest (Leise lesen, wie es bei uns heute üblich ist, gab es überhaupt nicht.) Philippus läuft ein Weilchen nebenher oder hinterher, hört dem Kämmerer zu und erkennt den Text. Aber er kann sich nicht vorstellen, dass der Kämmerer diese Worte vom Propheten Jesaja auch deuten kann. Und darum fragt er ihn ganz unvermittelt: Verstehst du auch, was du da liest? Wir Bibelleser erfahren nun auch, was der Kämmerer liest: einen Ausschnitt aus einem Gottesknechtslied. Das sind Texte bei Jesaja, die von Leid und Sterben eines von Gott Auswählten Menschen erzählen, der stellvertretend das Leid des Volkes auf sich nimmt. Die ersten Christen kannten natürlich diese alten Prophetenworte und erkannten das Schicksal von Jesus darin wieder. Das half ihnen, seinen Tod zu verstehen und seinen Sinn zu erkennen! Sie erkannten: es war Gottes Absicht, Jesus für uns sterben zu lassen. – Dass alles weiß Philippus und er hat es schon oft gepredigt. Der Kämmerer hat davon noch nie gehört. Darum fragt er: Von wem redet der Prophet hier? In der Bibel steht nicht die genaue Antwort von Philippus. Dort steht nur: Er tat seinen Mund auf und verkündete ihm die Gute Nachricht von Jesus. Folgendes stelle ich mir vor, wird Philippus gesagt haben. Zum einen ist ziemlich klar, dass er antwortet: dieser Text redet von Jesus Christus. Er weist auf Jesus hin und sagt voraus, was mit ihm passieren wird. Philippus erkennt in dem Text der Bibel etwas, dass sein Leben persönlich betrifft. Es sind für ihn nicht einfach alte Worte, sondern er entdeckt darin eine tiefe Wahrheit. Was Jesaja sagt, das passt zu dem, was er von Jesus weiß. Sein Tod macht Sinn. Zum anderen vermute ich, dass Philippus nicht nur über den Bibeltext gesprochen hat, sondern dass er dem Kämmerer von seinen persönlichen Erfahrungen mit Gott erzählt. Philippus hatte ja eine Menge Erfahrungen mit dem Glauben gesammelt, viele gute, aber auch schwere. Ich stell mir vor, dass er erzählt, wie er von der Auferstehung erfahren hat und welche Menschen ihn begeistert haben. Vielleicht auch, was ihm schwer fällt zu verstehen oder wo er Enttäuschung erlebt hat. Der Kämmerer stellt mehr und mehr fest, dass dieser Jesus etwas für ihn sein könnte, das Ziel seiner Suche. Er weiß endlich, wozu er diese Reise gemacht hat: um zu Jesus zu gehören, der auch für ihn gestorben ist und mit dem er von jetzt an leben will. Genau in diesem Moment kommen sie an einer Wasserstelle vorbei, mitten in der Ödnis. Ein Moment mit Tiefgang, im doppelten Sinn. Denn der Kämmerer nutzt die chance: „Spricht etwas dagegen, dass ich getauft werde, dass ich mich diesem Glauben anschließe, dass ich hinuntersteige von meinem Wagen ins Wasser, um verändert wieder aufzusteigen?“ Nein, es spricht nichts dagegen und so tauft Philippus ihn. Dann reist er fröhlich weiter. – Der Kämmerer ist ein Paradebeispiel für die Bandbreite derer, die getauft werden und Heimat finden sollen in der Gemeinschaft der Getauften. Gottes JA gilt allen, die sich zu ihm halten wollen. Gottes Segen soll weitergetragen werden über alle Grenzen hinweg. So ist diese Gemeinschaft der Getauften bunt! Da ist nicht immer alles nur rund und schön. Keine Frage. Aber es ist in jedem Fall lebendig. Und viel Segen kann wachsen. Wenn das kein Grund ist, fröhlich seine Straße zu ziehen! Amen

 

Fürbittengebet

Gott, Du hast uns in der Taufe bei unserem Namen gerufen. Wir sind Dein. Wir danken Dir dafür. Denn das prägt unser Leben. So verschieden wir sind, so unperfekt und doch geliebt und begleitet von Dir. Wir bitten dich, dass das alle so befreiend und aufbauend erleben. Auch in unserer Kirche. – Wir bitten für alle, die meinen, Bibel und Glaube sei kompliziert oder nicht wichtig für ihr Leben. Schenke ihnen Begleiter*innen, die sie mit ihrem Feuer anstecken und ihnen einfach und klar, aber mit Tiefgang den Glauben nahebringen. – Wir bitten für die Kinder, die noch keine Begegnung mit Dir und den Geschichten der Bibel hatten. Schenke ihnen Begleiter*innen, die ihnen von Dir, dem lebendigen und frohmachenden Gott erzählen und ihnen damit Mut machen und sie stärken für das Leben. – schließlich bitten wir Dich für die Menschen in anderen Religionen dieser Erde, die vom Glauben angesteckt wurden, sich taufen ließen und deshalb Probleme haben. Schenke ihnen Begleiter*innen, die sie stärken und für ihre Rechte kämpfen. – Vater unser im Himmel, …

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich; er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; er erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen.

Bleiben Sie behütet und gesund!

Es grüßt Sie herzlichst, Ihre Sabine Klatt