Andacht Exaudi, 21.05.2023, von Diakonin/Prädikantin Sabine Klatt

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Liebe Leser*innen,

schön, dass wir auch auf diesem Weg im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes miteinander verbunden sind. Amen

Psalm 47

Gott ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Gott ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen? Wer mich zu Fall bringen möchte, den wird Gott straucheln und selbst zu Boden fallen lassen. Selbst wenn sich viele gegen mich stellen, brauche ich mich nicht zu fürchten, denn Gott ist mein Licht und steht mir zur Seite,er ist mein Heil und sendet mir Hilfe. Ich finde Zuflucht in Gottes Haus. Ich bitte ihn, dass ich bleiben könne in seinem Haus mein Leben lang. Dort will ich die schönen Gottesdienste erleben und seinen Tempel betrachten. Denn an der heiligen Stätte bin ich geborgen wie in einer Hütte vor dem Regen und geschützt wie unter dem Dach eines Zeltes. Dort stehe ich fest wie auf einem Felsen. Er erhört meine Stimme, wenn ich zu ihm rufe: „Sei mir gnädig und erhöre mein Gebet!“ Ich suche deine Nähe, Gott, darum verbirg dich nicht vor mir. Wende dich nicht ab von mir im Zorn und verlass mich nicht. Denn du bist meine Hilfe und mein Heil. Auch wenn die Menschen mich verlassen, du nimmst mich immer wieder auf. Du weist mir mit deinem Licht den guten Weg und leitest mich auf der rechten Straße.

1. Samuel 3,1-10

Der junge Samuel tat Dienst für den Herrn unter der Aufsicht des Priesters Eli. Zu dieser Zeit kam es nur noch selten vor, dass der Herr ein Wort mitteilte. Weit und breit gab es auch keine Vision mehr. Eines Tages geschah Folgendes: Eli war bereits zu Bett gegangen. Seine Augen waren im Alter schwach geworden, sodass er kaum noch etwas sehen konnte.Samuel aber legte sich im Tempel des Herrn hin, wo die Lade Gottes stand. Die Lampe Gottes brannte noch. Da rief der Herr den Samuel. Der antwortete: »Hier bin ich!« Schnell lief er zu Eli hinüber und sagte: »Ja, hier bin ich, du hast mich gerufen.« Eli erwiderte: »Nein, ich habe dich nicht gerufen. Zurück ins Bett!« Da ging er zurück und legte sich schlafen. Doch der Herr rief noch einmal: »Samuel!« Wieder stand Samuel auf, lief zu Eli und sagte: »Ja, hier bin ich, du hast mich gerufen.« Er antwortete: »Nein, ich habe dich nicht gerufen. Zurück ins Bett, mein Sohn!« Samuel aber erkannte nicht, dass der Herr ihn gerufen hatte. Denn er hatte noch nie ein Wort des Herrn erhalten. Der Herr rief den Samuel ein drittes Mal. Wieder stand er auf, ging zu Eli und sagte: »Ja, hier bin ich, du hast mich doch gerufen.« Da merkte Eli, dass der Herr den Jungen rief. Eli sagte zu Samuel: »Leg dich wieder hin! Und wenn er dich nochmals ruft, dann antworte: Rede, Herr, dein Knecht hört!« Samuel legte sich wieder hin an seinen Platz. Da kam der Herr und trat zu ihm hin. Er rief wie die anderen Male: »Samuel, Samuel!« Und Samuel antwortete: »Rede, dein Knecht hört!«

Liebe Leser*innen, Samuel ist damals ein Teenager, ein Konfirmand würden wir sagen. Er war ein echtes Wunschkind. Was hatten seine Eltern Jahr um Jahr gewartet, gehofft und gebetet, um endlich ein Kind zu haben. Was hatte seine Mutter sich die Augen aus dem Kopf geweint, weil ihr Kinderwunsch unerfüllt blieb! Und dann doch noch ein Sohn. Was für ein überwältigendes Glück! Die Dankbarkeit darüber, doch noch ein Kind bekommen zu haben, ist so groß, dass die Eltern sogar ein einst in ihrer Verzweiflung Gott gegebenes Versprechen einlösen. (1. Sam 1,11) Als das Kind abgestillt ist – damals so etwa mit drei Jahren – da geben sie es zur Erziehung an das Heiligtum in Silo. – Furchtbar, das Kind wieder abzugeben, aber sie wollten doch sein Bestes: Was kann es Besseres für das Kind geben, als in Gottes Nähe aufzuwachsen, umgeben von Menschen wie dem Priester Eli, von Menschen, die mit Gott vertraut sind, die ihr Leben Gott geweiht haben, die dem Kind Gott nahe bringen können! Der Preis für die Eltern ist hoch: nur ein-, zweimal vielleicht im Jahr können sie ihr Kind sehen. Aber größer noch als der Trennungsschmerz der Eltern ist ihr Wunsch, ihr Sohn möge aufwachsen und er möge sein Leben leben in Gottes Gegenwart. Aber der Wunsch der Eltern erfüllt sich nicht. „Der junge Samuel tat Dienst für den Herrn unter der Aufsicht des Priesters Eli. Zu dieser Zeit kam es nur noch selten vor, dass der Herr ein Wort mitteilte. Weit und breit gab es auch keine Vision mehr.“ Nichts mehr los am Heiligtum. Schlimme Zustände herrschen da. Klar, der Betrieb läuft: Gottesdienste, Opfer, alles wie gehabt. – Aber Gottes Wort ist verstummt. Da ist nichts Lebendiges, nichts Neues mehr, keine überraschenden Begegnungen mit Gott. Gott ist nur noch eine Antiquität. – Keiner nimmt die spirituelle Leere wahr. Die religiöse Dienstleistung läuft wie geschmiert. Aber man kann doch Gottes Wort nicht einrichten und betreiben wie eine kommunale Wasserversorgung oder wie ein Telefonnetz. Da mögen „Dienst nach Vorschrift“ und Grundversorgung reichen, aber doch nicht am Ort der Gegenwart Gottes! Und Eli, der Priester, der müsste doch gegensteuern, den unhaltbaren Zuständen Einhalt gebieten… Eli ist alt und blind, heißt es. Vor allem aber ist er müde. – Hat keine Kraft mehr, kein Interesse, zeigt kein Engagement. Schon lange nicht mehr. – Eli lässt einfach alles laufen. Er hat die Dinge längst nicht mehr im Griff. Seine beiden Söhne haben den Betrieb übernommen und sie nehmen sich, was sie kriegen können. Alle Welt weiß von ihren skandalösen Frauengeschichten, die sie nicht irgendwo heimlich, sondern ganz offen am Heiligtum ausleben. Alle Welt weiß von Korruption, davon, dass sie die besten Oferstücke immer für den eigenen Tisch abzweigen. (1. Sam 2,12ff) Und dann – kommt diese besondere Nacht. Alles schläft. Eli schläft. Samuel schläft. Schläft auch Gott? Tiefe Nacht. „Die Lampe Gottes brannte noch“ heißt es im Text. Diese Lampe wurde am Abend mit Öl gefüllt und angezündet. Es reichte bis zum Morgen. – Es ist früh am Morgen, die Stunde vor Sonnenaufgang. Tiefe Stille, alles schweigt. Jetzt, wo alle Geschäftigkeit und Betriebsamkeit ruhen, jetzt spricht Gott. Die Lampe Gottes – sie ist mitten in der Nacht das Zeichen für Gottes Gegenwart. Die Lampe Gottes war noch nicht erloschen – das ist ein Hoffnungsschimmer. Nein, Gott hat sich nicht verabschiedet aus Silo. Gott schläft nicht und er schweigt auch nicht. Er spricht nur leise. Und leise fängt er noch einmal eine neue Geschichte an. Mit einem Kind. Mit Samuel. So, wie er es öfter tut. – Wie er mit dem Kind Mose etwas Neues angefangen hat. – Und dann, gut 1000 Jahre später, mit dem Kind in der Krippe. Gott schläft nicht, er schweigt auch nicht, er spricht nur leise. – Deshalb braucht es Stille, um seine Stimme zu hören. In all den Veränderungen in unserer Welt, in unseren Gemeinden, frage ich mich oft: Wo können wir Gottes Stimme hier hören, in dieser Stadt, in diesem Dorf? Wie können wir dazu beitragen, dass diese Stimme zu hören ist und Menschen sich ansprechen und verändern lassen? Samuel wurde der letzte der Richter im Land der Propheten, bevor es einen König gab. Er hat dann Saul und später David zum König gesalbt und damit eine Linie vorgezeichnet, die sich bis ins Neue Testament fortzieht. Der von Samuel gesalbte, der Hirtenjunge David, ist der Stammvater von Jesus Christus. Samuel bleibt eine beeindruckende Gestalt. Er findet dann auch den Zeitpunkt, rechtzeitig mit seinem Amt aufzuhören.   Drei Dinge waren ihm wichtig, bei allem Auftrag: keine Herrschsucht, er ist nicht nachtragend; kein Geiz und das ist das wichtigste: kein Nachlassen im Gebet. Vielleicht fragen Sie sich, ob es eine Voraussetzung gibt, um Gottes Stimme zu erkennen? – die Antwort heißt: „Ja!“ Die wichtigste Voraussetzung ist, dass wir zu Jesus gehören. Jesus sagt: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir nach.“ (Joh 10,27) Man kann diesen Satz unterschiedlich betonen. Einmal: Meine Schafe hören meine Stimme. – Wir hören: Die anderen Schafe nicht. Oder man betont so: Meine Schafe hören meine Stimme. – Dann ist gemeint: Die, die zu Jesus gehören, die hören auch auf seine Stimme. Wer nicht zu Jesus gehört, kann Gottes Stimme nicht hören. Jesus sagt: „Sie haben Ohren und hören nicht und Augen und sehen nicht.“ (Mt 13,13) – Ihnen muss erst noch das Gehör und die Augen des Herzens geöffnet werden. Das ist ein Wunder des Heiligen Geistes, wenn   jemand offene Ohren und Augen des Herzens bekommt und Gottes Stimme erkennt. – Dann kann er hören, wie ein Jünger, eine Jüngerin hört. Das ist also die erste Voraussetzung, dass wir offene, hörbereite Ohren des Herzens haben. Die bekommen wir durch den Heiligen Geist. Dass Gott zu uns redet, dafür braucht es nicht erst eine bestimmte Ausbildung. Dass Gott zu uns redet, erfordert auch nicht ein Mindestalter. Gerade Kinder haben da oft ein viel feineres Ohr und Gespür für das, was uns Gott sagen möchte. Suchen wir Gottes Nähe und rechnen wir mit seinem Reden. Er hat uns sicherlich Wichtiges zu sagen, denn er redet gerne mit uns Menschen. Amen

Lied: Ich will auf das Leise hören (EGPlus 40)

Fürbittengebet / Vaterunser

Herr Jesus Christus, du hast uns zugesagt, bei uns zu sein durch die Kraft des Heiligen Geistes, uns nicht allein zu lassen mitten im Unfrieden dieser Welt und uns zu trösten in aller Traurigkeit. Wir bitten dich, dass dein Geist unseren schwachen Glauben stärkt, dass wir im Vertrauen auf dein Wort leben und handeln. Wir bitten dich, dass dein Geist unser Herz erfüllt und belebt, dass es wieder empfindsam wird für die Not der Menschen. Wir bitten dich, dass uns dein Geist recht beten lehrt, dass wir mit unseren Anliegen und unserer Verzagtheit zu dir kommen. Wir bitten dich, dass dein Geist uns zur Wahrheit führt, dass wir gegen die ungerechten Strukturen in unserer Welt aufstehen.   Wir bitten dich, dass uns dein Geist innerlich verändert, dass er uns aus der Erstarrung löst, in die uns unser Alltag immer wieder führt. Wir bitten dich, dass wir durch deinen Geist den Mut finden, uns zu dir zu bekennen und deine Zeugen zu werden. Wir bitten dich, dass uns dein Geist belebt, dass wir der Ungerechtigkeit widerstehen und uns mit unserer Kraft für den Frieden einsetzen. Wir bitten dich, dass uns dein Geist mit Hoffnung erfüllt, dass diese Welt nicht bleiben muss, wie sie ist. Wir bitten dich, dass uns dein Geist offene Augen und Ohren schenkt, für unseren Nächsten da zu sein, der uns braucht. Wir bitten dich, dass dein Geist uns lehrt, den Kranken und Trauernden unser Ohr zu schenken und zuzuhören, dass wir ihnen helfend handelnd begegnen. – Vater unser im Himmel …

Segen

Der Herr segne und behüte dich; er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; er erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen+++

Bleiben Sie behütet und gesund! Es grüßt Sie herzlichst, Ihre

Sabine Klatt, Diakonin/Prädikantin

 

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