Andacht Invocavit 26.02.2023 von Pfarrerin Dr. Anna Scholz

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Friede sei mit Euch! Ja, Frieden, den brauchen wir so dringend. Fast genau seit einem Jahr ist Krieg in der Ukraine. Und es ist kein Ende in Sicht. Zum Verzweifeln. Heute ist der erste Sonntag der Passionszeit. Die Zeit, in der wir Christen an das Leiden und Sterben Jesu denken. Und eben auch an das, woran wir selbst leiden und was unsere Welt ins Wanken bringt. Der biblische Text, um den es heute geht ist aus dem Buch Hiob. Er erzählt von einem Menschen, der mit seinem Gott kämpft und auch in schlimmsten Schicksalsschlägen an ihm festhält. Ziemlich schwierig, aber vielleicht ist es auch für uns eine Spur, wie das gehen könnte, nicht an der Welt und an Gott zu verzweifeln. Lasst es uns zusammen versuchen. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Lied: Komm, Heilger Geist EGplus 34

Psalm+Gebet

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele und führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang. Und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. Ehr sei dem Vater…

Wir beten:

Gott, Du bist die Kraft des Guten und der Liebe.

Manchmal sind wir ohne Mut, weil wir Dich nicht spüren.

Und wir sehen nur das finstere Tal und keinen Weg hinaus.

Tröste uns und gib uns Stärke.

Hilf uns, zu hoffen. Amen.

Lied: Befiel du deine Wege (EG 361, 1-3)

Schriftlesung (Hiob 1,1-13)

1 Es begab sich aber eines Tages, da die Gottessöhne kamen und vor den HERRN traten, dass auch der Satan mit ihnen kam und vor den HERRN trat. 2 Da sprach der HERR zu dem Satan: Wo kommst du her? Der Satan antwortete dem HERRN und sprach: Ich habe die Erde hin und her durchzogen. 3 Der HERR sprach zu dem Satan: Hast du acht auf meinen Knecht Hiob gehabt? Denn es ist seinesgleichen auf Erden nicht, fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und meidet das Böse und hält noch fest an seiner Frömmigkeit; du aber hast mich bewogen, ihn ohne Grund zu verderben. 4 Der Satan antwortete dem HERRN und sprach: Haut für Haut! Und alles, was ein Mann hat, lässt er für sein Leben. 5 Aber strecke deine Hand aus und taste sein Gebein und Fleisch an: Was gilt’s, er wird dir ins Angesicht fluchen! 6 Der HERR sprach zu dem Satan: Siehe da, er sei in deiner Hand, doch schone sein Leben! 7 Da ging der Satan hinaus vom Angesicht des HERRN und schlug Hiob mit bösen Geschwüren von der Fußsohle an bis auf seinen Scheitel. 8 Und er nahm eine Scherbe und schabte sich und saß in der Asche. 9 Und seine Frau sprach zu ihm: Hältst du noch fest an deiner Frömmigkeit? Fluche Gott und stirb! 10 Er aber sprach zu ihr: Du redest, wie die törichten Frauen reden. Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen? In diesem allen versündigte sich Hiob nicht mit seinen Lippen. 1 Als aber die drei Freunde Hiobs all das Unglück hörten, das über ihn gekommen war, kamen sie, ein jeder aus seinem Ort: Elifas von Teman, Bildad von Schuach und Zofar von Naama. Denn sie wurden eins, dass sie kämen, ihn zu beklagen und zu trösten. 12 Und als sie ihre Augen aufhoben von ferne, erkannten sie ihn nicht und erhoben ihre Stimme und weinten, und ein jeder zerriss sein Kleid, und sie warfen Staub gen Himmel auf ihr Haupt 13 und saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.

Glaubensbekenntnis

Lied: Befiehl du deine Wege (EG 361,5. 9+10)

Predigt

Liebe Leser*innen. Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen? Trotzig schreit Hiob es heraus. Er hatte mal ein gutes Leben. Haus, Besitztümer, Kinder, eine nette Frau. Und mit einem Schlag ist alles dahin. Hiob sitzt in den Scherben seines Lebens, sein Körper ist mit Wunden übersät, der Schmerz schier unermesslich. Selbst seine Frau ist verzweifelt: Wie kannst Du denn in Deinem Zustand noch auf Gott vertrauen? Da wäre es doch besser, du wärst tot! Aber Hiob widerspricht. Wo kommt die Hoffnung her, wenn die Welt in Staub und Asche versinkt?

Zertrümmerte Städte – Bombennächte – Naturkatastrophen – Krankheit und Tod.

Irgendwo in der Ukraine bangt ein Vater um seinen Sohn, der an der Front kämpft, entschlossen, verzweifelt, doch am Ende allein im Kugelhagel.

Irgendwo in Russland zögert ein Soldat, hinzugehen wo Krieg ist. Aus Überzeugung, das Richtige zu tun. Und aus purer Angst vor dem Tod, der so gegenwärtig ist.

Irgendwo in Deutschland fürchtet eine junge Ukrainerin um ihre Eltern, die daheim geblieben sind in der umkämpften Stadt, bei Haus und Hof und Hühnern.

Irgendwo in Syrien steht ein junger Mann vor den Trümmern seines Lebens, die Erde hat gebebt und alles ist dahin, keine Vergangenheit mehr und keine Zukunft.

Irgendwo in Ostafrika versucht eine Mutter, ihr Kind vor dem Verhungern zu retten.

Irgendwo in Südamerika kämpfen Familien um den Regenwald, während die Harvester anrollen für Weideland und Profit.

Irgendwo in Bangladesh schuften kleine Mädchen in Fabriken, für das stylische Shirt von H+M

Irgendwo weinen Eltern um ihr Kind auf der Leukämiestation…

Als aber die drei Freunde Hiobs all das Unglück hörten, das über ihn gekommen war, kamen sie, ein jeder aus seinem Ort: Elifas von Teman, Bildad von Schuach und Zofar von Naama. Denn sie wurden eins, dass sie kämen, ihn zu beklagen und zu trösten. 12 Und als sie ihre Augen aufhoben von ferne, erkannten sie ihn nicht und erhoben ihre Stimme und weinten, und ein jeder zerriss sein Kleid, und sie warfen Staub gen Himmel auf ihr Haupt 13 und saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.

Irgendwo in der Türkei wechselt eine Ärztin ohne Grenzen einen Verband, ohne Wort für das Leid, ohne Macht, etwas rückgängig zu machen, ohne Mittel zu helfen, doch sie tut es, Hoffnung gegen die Mutlosigkeit.

Irgendwo in der Ukraine spielt ein Kind Klavier, zart klingen die Töne durch zerborstene Wände und sanft bewegen sich kleine Hände, Schönheit im Chaos.

Irgendwo auf der Welt spenden Menschen Geld, um ein bisschen zu helfen, zumindest von fern.

Irgendwo kocht jemand Suppe und verteilt sie, an die, die nichts mehr haben und ein kurzer Duft von Leben durchzieht die Luft.

Irgendwo pflanzt jemand Bäume auf verbrannte Erde.

Irgendwo packt jemand ein Hilfspaket.

Irgendwo setzt sich jemand einfach daneben und redet nicht und hält es einfach nur mit aus und sieht, dass der Schmerz sehr groß war.

Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?

Nein, das können wir nicht und Hiob kann es auch nicht. Er rechtet und ringt. Er kämpft mit sich und mit Gott und hält doch an Gott, der Kraft des Guten, der Liebe und der Freiheit fest. Und er hat Menschen, die es mit ihm aushalten, zumindest zum Teil. Und so bleibt irgendwo ein Funke Hoffnung, dass das Böse und das Leid nicht das letzte Wort haben. Irgendwann und manchmal auch nur Schritt für Schritt. Daran möchte ich glauben. Denn in all dem Schlimmen und Schrecklichen seh ich Menschen, die sich trauen: In zerstörten Häusern Musik zu spielen – Wunden zu verbinden – Geld zu spenden und Pakete zu packen, – Suppe zu verschenken. – Oder auch einfach nur da zu sitzen und mitzuweinen, wo der Schmerz sehr groß ist. Und die damit dem Bösen und dem Leid und dem Traurigen und Hoffnungslosen die Stirn bieten. – Anders kann es vielleicht nicht gehen, als dass wir uns einfach nicht gleichgültig machen lassen, von all dem ,was schief läuft auf der Welt. Sondern uns anrühren lassen, wenn jemand leidet. Und mitfühlen, auch wenn wir nicht immer etwas „tun“ können. Aber doch zumindest hinschauen und nicht einfach wegsehen und zur Tagesordnung übergehen. Oder denken: Naja, bringt eh alles nichts mehr, so wie Hiobs Frau. Sondern an das Gute glauben und damit dem Bösen ein bisschen was von seiner Macht nehmen, auch wenn wir uns manchmal überfordert und hilflos fühlen. Denn lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Hoffen und beten und wach bleiben. Auch wir. Amen.

Lied: Bleibet hier und wachet mit mir (EG 789.2. (8x))

Fürbitten

Gott wir bitten Dich heute für alle Mutigen: Für alle, die Gefahr auf sich nehmen, um anderen zu helfen. Für alle, die nicht zögern, wenn sie gebraucht werden. Für alle, die anderen Hoffnung schenken. – Herr, erbarme dich.

Gott, wir bitten für alle, die um jemanden trauern. Wir bitten für alle, die einen Schicksalsschlag erlitten haben. Für alle, die an einer schlimmen Krankheit leiden. Für die,   die einen schweren Weg vor sich haben. – Herr, erbarme dich.

Wir bitten dich für alle Menschen im Krieg: Für alle, die ihr Zuhause verloren haben in den Erdbeben. Für alle, die Hunger leiden und denen es am nötigsten fehlt. – Herr, erbarme dich. – Vaterunser…

Lied: Freunde, dass der Mandelzweig (EG 613)

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich; er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; er erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen +++

Bleiben Sie behütet und gesund!

Es grüßt Sie herzlich, Ihre Pfarrerin Dr. Anna Scholz

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