Andacht Judika, 26.03.2023, von Sabine Klatt (Diakonin/Prädikantin)

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Der Friede Gottes sei mit Euch! – Schön, dass wir auf diese Weise miteinander verbunden sind!

Gebet

Barmherziger Gott, im Leiden und Sterben deines Sohnes hast du der Welt deine Liebe gezeigt. Öffne unsre Augen, dass wir das Geheimnis seiner Hingabe erkennen und ihm auf dem Weg des Gehorsams und der Liebe folgen. Das bitten wir durch ihn, unsern Herrn Jesus Christus, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen

Lied: Nun gehören unsre Herzen (EG 93)

Ansprache zu Hebr 5,7-9

Und  er hat in den Tagen seines irdischen Lebens Bitten und Flehen mit lautem Schreien und mit Tränen vor den gebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte; und er ist erhört worden, weil er Gott in Ehren hielt. So hat er, obwohl er der Sohn war, doch an dem, was er litt,  Gehorsam gelernt. Und da er vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, der Urheber der ewigen Seligkeit geworden.

Liebe Leser*innen.

Gehorsam ist eine Tugend, die uns in unserer Zeit mit guten Gründen eher verdächtig als erstrebenswert erscheint. Vor 100 Jahren war das anders. Da galt Gehorsam als wichtiges Gut. Es wurden Soldaten gebraucht, die gehorchen und nicht denken sollten. Der Kaiser wollte treue und folgsame Untertanen. Das begann schon in den Familien bei der Erziehung der Kinder. Vater und Mutter wurden mit „Sie“ angeredet. Sie waren unhinterfragbare Autoritäten und die Kinder hatten zu schweigen und das zu tun, was ihnen aufgetragen wurde. Die zwei Weltkriege zeigten, dass blinder Gehorsam eine sehr zweischneidige Sache ist, und so kam die Zeit der antiautoritären Erziehung. Heute ist das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen. Wir treffen immer häufiger auf Eltern, die in Sachen Erziehung völlig verunsichert sind. Sie trauen sich kaum, Autorität auszuüben, wagen es nicht, ihren Kindern Grenzen zu setzen. Am häufigsten hört man von ihnen den Satz: „Das soll mein Kind selbst entscheiden“. Die Freiheit des Einzelnen ist unser höchstes Gut. Das heißt, an die Stelle des braven Deutschen, der nur seine Befehle ausführt ist heute der Egoist getreten, der sich in erster Linie um seine eigenen Bedürfnisse kümmert. Wie man sieht, kann man auf zwei Seiten vom Pferd fallen. – Im heutigen Predigttext ist gleich zweimal vom Gehorsam die Rede. Zum einen geht es um den Gehorsam, den der Sohn Gottes lernen musste – das allein ist schon ein merkwürdiger Gedanke: wieso musste der Gehorsam lernen? Ich komme später darauf zurück – und dann ist da die Rede von denen, denen er das ewige Heil schenkt. Das sind nämlich diejenigen, die ihm gehorsam sind. Um es gleich vorweg zu nehmen, der Gehorsam, von dem hier die Rede ist, hat wenig mit dem Ideal der Kaiserzeit zu tun. Es geht hier nicht um dressierte Kinder, die mit Schlägen gefügig gemacht werden. Die sich nicht trauen aufzumucken, und die dann selber zu Folterern und Schlägern werden, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet. Wenn Gott diesen sogenannten Kadavergehorsam von uns gewollt hätte, dann hätte er die Menschen anders konstruiert. Wir wären gleich als Marionetten erschaffen worden. Oder als eine Art von Robotern, die nur das tun, wozu sie programmiert wurden. Das hat er aber nicht. Stattdessen hat er uns zu Menschen gemacht, die eine freie Entscheidung treffen. Er hat uns zugleich seine Gebote gegeben, in denen er uns sagt, wie wir zu handeln haben. Aber er zwingt uns nicht, sie zu halten. Wenn du dich entschließt, zu klauen oder gar zu töten oder die Ehe zu brechen, dann wird keine große Hand aus dem Himmel herunterkommen und dich daran hindern. Wir haben die Freiheit zu sündigen, auch wenn das bedeutet, dass andere Menschen unter unserem Handeln leiden müssen. Natürlich hat unser Tun Konsequenzen. Sünde zerstört. Sie hat verheerende Auswirkungen in unserem Umfeld und wird früher oder später auf uns selbst zurückschlagen. Und was das Schlimmste ist: Sünde trennt von Gott.   Du kannst nicht gleichzeitig an einer Sünde festhalten und an Gott. Du hast also eine Entscheidung treffen und das hat Konsequenzen. Wenn du dich für den Gehorsam entscheidest, dann heißt das vielleicht, dass du den Kontakt zu einem Menschen abbrichst, der dir nicht gut tut, dass du deine Beliebtheit aufs Spiel setzt, weil du nicht mehr alles mitmachst, was andere so tun oder du musst dich als Streber bezeichnen lassen, weil du dir in der Schule Mühe gibst. Aber das ist eben der Preis. Entscheidest du dich gegen den Gehorsam, dann wird es dir vermutlich erst einmal ganz gut gehen: du schwimmst fröhlich mit im Strom – aber aufs Ganze gesehen, treibst du am Ziel deines Lebens vorbei. Irgendwann wirst du feststellen, dass deine vermeintliche Freiheit gar keine war, sondern dass du zum Sklaven deiner eigenen Triebe oder der Meinungen anderer Menschen geworden bist. Und dass dir irgendwie das Wichtigste im Leben abhanden gekommen ist. Wer dazu berufen ist, mit Gott zu leben, der kann ohne ihn nicht glücklich sein. Christsein heißt also, in dieser Beziehung eine klare Entscheidung getroffen zu haben. Ich will Jesus folgen. Ich will in erste Linie ihm gefallen. Das klappt nicht immer, schließlich bin ich nur ein Mensch. Es gibt Versuchungen, es gibt die menschliche Schwäche und immer mal wieder stelle ich fest, dass ich von meinem Weg abgekommen bin. Aber die grundsätzliche Richtung steht fest: Ich gehöre Jesus, ich gehorche Jesus, ich lebe nach seinem Wort. Und zwar freiwillig. Nicht aus Angst vor Strafe, sondern aus Liebe. Weil er den ersten Schritt gemacht hat. Weil er, wie es im Predigttext heißt, für mich zum Urheber des ewigen Heils geworden ist. Weil er für mich gelitten hat, und er für meine Sünden bezahlt hat, ist er es wert, dass ich ihm folge. Gott will Liebe, Gott will Hingabe. Gott ist ein unendlich großes Wesen, er ist unendlich mächtig und irgendwie auch fremd. Aber Jesus war ein Mensch wie du und ich. Er hat geatmet, gegessen, geschlafen, gelacht und geweint. Er hat sogar gebetet. Und gleichzeitig war er mehr als ein Mensch. Es hat niemals jemand auf Erden gegeben, der ein innigeres Verhältnis zu Gott hatte als er. Und er hatte eine besondere Aufgabe. Er war der von Gott gesandte Erlöser. Er machte uns klar, dass Gott uns ein guter Vater sein will und er sollte für die Sünden der Menschen am Kreuz büßen. Das war sein vorbestimmter Weg. Und sein Gehorsam bestand darin, diesen Weg auch zu gehen. Und wenn es hier heißt, dass der Sohn Gottes Gehorsam lernen musste, dann bedeutet das, dass es alles andere als selbstverständlich war. Wie für uns alle, hat es auch für Jesus zentrale Stationen in seinem Leben gegeben. Einige dieser Stationen kennen wir aus den Evangelien. Ganz berühmt ist seine Begegnung mit dem Teufel in der Wüste (Mt 4), der ihn massiv auf die Probe stellt. Als erstes versucht er ihn bei seinen körperlichen Bedürfnissen zu packen. Jesus hat lange Zeit gefastet und ist natürlich hungrig. Also macht der Teufel ihm den Vorschlag, die Steine um ihn herum in Brot zu verwandeln. „Komm schon, was ist denn schon dabei, du hast Hunger und niemand wird es sehen! Du hast doch die Macht, also nutze sie auch!“ Der Trick bestand darin, Jesus zu etwas zu bringen, das nicht mit dem Vater abgesprochen war. Jesus entschied sich zwischen dem Gehorsam zu seinem Vater und seinem Hunger. Eine andere wichtige Station im Leben Jesu war die Nacht vor seiner Verhaftung. Die Bibel erzählt uns, dass er mit Gott im Gebet gerungen hat. Er hat geweint und gefleht. Die Angst vor dem Kreuz war in dieser Nacht übermächtig. Aber das wovor Jesus wirklich Angst hatte, war viel schlimmer als der körperliche Schmerz. Ihn erwartete die totale Trennung von Gott. Als er am Kreuz gebetet hat „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – war das nicht nur ein Zitat aus Psalm 22. Es war für Jesus eine furchtbare Realität. Denn in dem Augenblick, in dem er am Kreuz hing, in dem Gott die Sünden der ganzen Welt auf seine Schultern gelegt hat, ist er ein von Gott Getrennter geworden. Gottes Zorn über die Sünde traf ihn in diesem Moment mit voller Wucht. Dort am Kreuz hängt ein Kinderschänder, ein Massenmörder, ein Vergewaltiger, ein brutaler Terrorist, ein scheinheiliger Lügner, ein Dieb, ein Ehebrecher – da hängt der ganze Dreck der Menschheit auf einem Haufen. Und das kostet Jesus die Gemeinschaft mit dem Vater. Jesus hat sich in diesem Moment um Gottes Willen für die Sünde entschieden. Er hat sie angenommen, er hat sie ertragen, er hat mit seinem Blut dafür bezahlt. Und er ist buchstäblich durch die Hölle gegangen, damit wir mit dem Vater versöhnt werden. – Ich finde, jemand der das für mich tut, der hat Anspruch darauf, dass ich ihm folge. Einem solchen Menschen gehorche ich gerne. Amen

Fürbittengebet / Vaterunser

Allmächtiger Gott, du hast deinen Sohn, der gehorsam war bis zum Tode, zu unserem Herrn gemacht; ihm sollen wir folgen in der Kraft deines Geistes. Hilf uns, einander zu dienen, wie er uns gedient hat. Lass uns nicht allein, wenn wir um seinetwillen bedrängt und verachtet werden. Lass die Welt erkennen, dass er der Herr ist, auch durch unsre Worte und Taten, durch unser Leiden und Schweigen. Wir beten für alle, die nach Gerechtigkeit hungern, für die Opfer von Krieg und Gewalt, für die zu Unrecht verfolgten, Verhafteten und Verurteilten; für die Gequälten und Gefolterten; für alle, die leiden, weil sie die Wahrheit sagen. Gib, dass sie nicht umsonst leiden. – Vater unser im Himmel,…

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich; er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; er erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen+++

Bleiben Sie behütet und gesund!

Es grüßt Sie herzlichst, Ihre

Sabine Klatt, Diakonin/Prädikantin