Andacht Lätare, 19.03.2023, von Diakonin/Prädikantin Sabine Klatt

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Der Friede Gottes sei mit Euch! – Schön, dass wir auf diese Weise miteinander verbunden sind!

Gebet

Gott, du Quelle der Freude, du gibst dem Leben Zukunft und führst uns auf unserem Weg. Dafür danken wir dir und bitten dich: Öffne uns Auge und Ohr für deine Verheißungen durch Christus, unseren Herrn. Amen

Ansprache

Liebe Leser*innen „jetzt freu dich doch mal!“ – Dass Worte wie diese in einem Stimmungstief nicht unbedingt helfen, wissen alle, die sich solche gut gemeinten Aufforderungen schon einmal anhören mussten. Freude lässt sich weder anordnen noch einfordern. Sie stellt sich unverhofft ein, überkommt mich in einer konkreten Situation, aus einem konkreten Anlass – also nie ohne Grund. – Der heutige Sonntag trägt den Namen Lätare – Freue dich! Mitten in der Passionszeit bietet er einen kleinen Vorgeschmack auf das Osterfest und die Osterfreude. Aber was für eine Freude ist das eigentlich? – Der Grund für die Freude, um die es geht, kommt im Predigttext zur Sprache. Johannes 12,20-24:

Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest. Die traten zu  Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollen Jesus sehen.  Philippus kommt und sagt es Andreas, und Andreas und Philippus sagen’s Jesus. Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

…Der Text erzählt von einer kleinen Szene in Jerusalem. Es ist die Zeit kurz vor dem Passah-Fest, bei dem der Befreiung des Volkes Israel aus ägyptischer Gefangenschaft gedacht wird. Aus allen Himmelsrichtungen sind die Pilger heraufgekommen auf den Berg Zion in Jerusalem. Zwar kann man die großen Feste auch Zuhause feiern, viele meinen aber: Im Jerusalemer Tempel ist es noch besser, denn hier ist man Gott näher als anderswo. Unter den Pilgern und religiösen Touristen sind auch einige Griechen, sogenannte „Gottesfürchtige“, das heißt gebildete Menschen nichtjüdischer Herkunft, die nicht offiziell zum Judentum gehören, aber vom jüdischen Glauben fasziniert sind. – Als Nichtjuden dürfen sie zwar den inneren Bereich des Tempels nicht betreten und müssen sich mit einem speziellen Platz im äußeren Vorhof begnügen, Gott anbeten und seine Nähe spüren können sie aber auch dort. Es hat sich herumgesprochen, dass auch Jesus zum Fest kommen wird, der aufsehenerregende Wanderprediger aus Galiläa, von dem man so viel Wunderliches hört. Man erzählt sich, erst vor Kurzem habe er sogar einen Menschen vom Tode erweckt. Für diesen Jesus interessieren sich auch die „Gottesfürchtigen“ und wollen ihn gerne persönlich kennen lernen. Sie wenden sich daher an Philippus. Bewusst gehen sie auf diesen Jünger Jesu zu, denn er trägt einen griechischen Namen, stammt aus einem Ort, der von der griechischen Kultur beeinflusst ist, und spricht daher vermutlich auch Griechisch. Philippus geht mit der Bitte der Fremden nicht direkt zu Jesus, sondern bespricht sich erst einmal mit Andreas, einem anderen Jünger – auch er trägt einen griechischen Namen. Gemeinsam gehen sie dann zu Jesus und tragen ihm die Bitte der Griechen vor. Zu einer Begegnung der Fremden mit Jesus kommt es allerdings nicht, und die Griechen verschwinden an diesem Punkt aus der Geschichte. Stattdessen hält Jesus eine kleine Predigt. Seine Worte haben auf den ersten Blick nicht viel mit der Bitte der Griechen zu tun, klingen eher wie die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat: „Die Stunde ist gekommen“ sagt Jesus. „Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ Wie sind diese Worte Jesu zu verstehen? Wenn Jesus sagt: „Die Stunde ist gekommen“, dann meint er damit: Jetzt wird’s ernst. – Früher war seine Stunde noch nicht gekommen: bei der Hochzeit zu Kana etwa, als er zu seiner Mutter Maria sagte: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen!“ und dann doch Wasser in Wein verwandelte. Oder als Jesus in der Synagoge mit Schriftgelehrten stritt und ein paar aufgebrachte Zuhörer ihn am liebsten sofort packen und abführen wollten – auch da hieß es, seine Stunde sei noch nicht gekommen. Jetzt aber, hier beim Passah-Fest in Jerusalem, wo so viele unterschiedliche Menschen versammelt sind, jetzt ist sie gekommen, die Stunde, dass die Herrlichkeit des Menschensohns für alle sichtbar wird.   Allerdings wird das ganz anders aussehen, als sich das die Menschen vorstellen. Die Herrlichkeit Jesu ist nämlich nicht mit weltlichem Prunk, mit menschlicher Pracht verbunden. Es wird auch keinen Paukenschlag geben, der alle aufweckt. Jesu Herrlichkeit wird vielmehr darin sichtbar werden, dass er dem Leiden nicht ausweicht, sondern seinen Weg als Mensch konsequent zu Ende geht – bis zum Tod am Kreuz auf Golgatha. Um verständlich zu machen, wie man das, was auf den ersten Blick nicht zusammenpasst, doch zusammen denken kann, verwendet Jesus ein Bild aus der Landwirtschaft, das Bild vom Weizenkorn. Wenn man ein Weizenkorn in die Erde legt, liegt es da zunächst wie tot. Nach einiger Zeit jedoch passiert etwas tief unten im Boden: Das Korn verliert seine schützende Hülle, und die Keimkräfte in seinem Inneren erwachen. Sie sind es, die den frischen, zartgrünen Halm hervortreiben und die Ähre bis zur vollen Reifung wachsen und gedeihen lassen. – So geschieht eine wundersame Verwandlung: Aus einem einzelnen Korn werden viele weitere Körner, das Korn bringt viel Frucht. Jesus verwendet das Bild vom Weizenkorn, um seinen bevorstehenden Tod zu deuten und darauf hinzuweisen: Jesu Leiden und Tod sind nicht vergeblich, nicht sinnlos. Wie bei einem Weizenkorn unter der Erde wird auch bei seinem Tod – verborgen vor den menschlichen Augen – etwas Wunderbares geschehen und viel Frucht bringen.- Damit sind wir nun beim Grund der Freude angekommen, bei der Botschaft des Sonntags Lätare: Noch leiden wir unter den Schatten des Todes, aber schon jetzt gilt: sie haben ihre allumfassende Macht verloren. Schon mitten im Leiden können wir einen Schimmer, kleine Funken des österlichen Lichts sehen.   Spätestens seit Ostern ist klar: Gott steht auf der Seite des Lebens und wird seine Macht erweisen – nur eben anders, als wir Menschen uns das vorstellen. Unsere Augen können es nicht sehen, und unser Verstand kann es nicht begreifen, aber im Glauben können wir es erahnen. Und daraus kann eine besondere Kraft erwachsen, eine Kraft, die es uns Menschen möglich macht, selbst zu „Protestleuten gegen den Tod“ zu werden. Seit Ostern ist diese Frucht lebendig, allen Widersprüchen zum Trotz. Seit Ostern haben Christinnen und Christen eine gemeinsame Hoffnung – sie ist zwar ein gefährdetes Pflänzchen, aber doch nicht totzukriegen. Möge sie uns auch durch die aktuelle Krisenzeit tragen. Amen

Lied: Korn, das in die Erde (EG 98)

Fürbittengebet / Vaterunser

Ostern ist oft weit weg, Gott. Auch in unserem Leben. Da ist mehr Sterben als Aufblühen, mehr Nacht als Tag. Du sagst uns, dass es in allem Tod schon heute ein österliches Aufstehen gibt, dass in allem Sterben eine Frucht wachsen kann, die bleibt. Das tröstet uns und macht uns froh. Wir wollen diese Freude weitergeben und die trösten, die nichts davon spüren, weil sie traurig und mutlos sind oder keinen Ausweg sehen. Wir bitten dich um Freude: Freude für uns und für andere. Freude über alles, was gelungen ist. Freude über Menschen, die zu uns gehören. Freude über alles, was uns geschenkt ist. Freude über unsere Gemeinde. Freude über die Sonne. Freude, dass wir leben. Freude, die auch Schmerz überwindet. Freude, dass du da bist. – Danke, Gott, dass du uns liebevoll ansiehst und gütig annimmst. Mit allem, was uns bedrückt und bewegt, wissen wir uns bei dir zu Hause und vertrauen auf deine lebendig machende Kraft, wenn wir beten: Vater unser im Himmel,…

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen+++

Bleiben Sie behütet und gesund!

Es grüßt Sie herzlichst, Ihre

Diakonin/Prädikantin Sabine Klatt