Andacht Ostern 2023 von Pfarrerin Dr. Anna Scholz

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Wir feiern das Fest von Jesu Auferstehung. Das Fest an dem wir uns erinnern an den Grund unseres Glaubens: Das Leben ist stärker als der Tod. Auch wenn Leid und Dunkelheit uns umgeben, gibt es ein Licht der Hoffnung.

Lied: Gelobt sei Gott im höchsten Thron (EG 103, 1,4-5)

Psalm 30 EG 715

Ich preise dich, Herr; denn du hast mich aus der Tiefe gezogen. Herr, mein Gott, als ich schrie zu dir, da machtest du mich gesund. Lobsinget dem Herrn, ihre seine Heiligen, und preiset seinen heiligen Namen! Denn sein Zorn währet einen Augenblick und lebenslang seine Gnade. Den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens die Freude. Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen, du hast mir den Sack der Trauer ausgezogen und mich mit Freude gegürtet, dass ich dir lobsinge und nicht stille werde. Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit.

Gebet

Gott, Du begleitest uns auf allen unseren Wegen, auch wenn wir es gar nicht immer gleich merken und manchmal gefangen sind in schweren Gedanken, in Angst, in Trauer. Sei an unserer Seite und hilf uns zu spüren: du bist uns nah. Das bitten wir dich durch Jesus Christus unseren Menschenbruder, der vom Tod erstanden ist und mit dir und dem Heiligen Geist lebt und Leben schenkt, heute und an allen Tagen. Amen

Lk 24, 13-35:

13 Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa sechzig Stadien entfernt; dessen Name ist Emmaus. 14 Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten. 15 Und es geschah, als sie so redeten und einander fragten, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. 16 Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten. 17 Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen. 18 Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der Einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist? 19 Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Tat und Wort vor Gott und allem Volk; 20 wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben. 21 Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist. 22 Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen, 23 haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe. 24 Und einige von denen, die mit uns waren, gingen hin zum Grab und fanden’s so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht. 25 Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! 26 Musste nicht der Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? 27 Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften von ihm gesagt war. 28 Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen. 29 Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben. 30 Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen. 31 Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. 32 Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete? 33 Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren; 34 die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen. 35 Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, da er das Brot brach.

Liebe Leser*innen. Irgendwann in unser aller Leben, meistens ziemlich am Anfang, da ist es passiert. Der erste Schritt auf zwei Beinen. Bei mir ist dieser erste Schritt, oder wahrscheinlich waren es sogar mehrere, eine der ersten bewussten   Erinnerungen meines Lebens. Ich muss ungefähr 1,5 Jahre alt gewesen sein und wahrscheinlich so etwa 80 cm groß, denn ich sehe die Tischkante , auf die ich zuging, ganz genau auf Augenhöhe vor mir. Es war in der Küche meiner Großeltern. Auf wackligen Beinchen stand ich schwankend da, mit einer Hand am Kühlschrank festgehalten. Und plötzlich gelang es: Ein Bein vor das andere, und die gegenüberliegende Tischkante wurde erreicht. Ohne wanken und stürzen, wie vermutlich viele Male zuvor. Ob eigentlich jemand im Raum war, der oder die sich gefreut hat, über diese meine ersten Schritte, das weiß ich nicht mehr. Aber was ich noch weiß ist das unbeschreibliche Gefühl, das ich selbst hatte. Seither bin ich unzählige Schritte gegangen. Schöne und Schwere. Manche an der Hand eines geliebten Menschen, zuversichtlich und voll freudiger Erwartung. Manche mit Beinen, schwer wie Blei und Kloß im Hals. Und andere, fast unbemerkt, mit den Gedanken woanders, wie selbstverständlich Fuß vor Fuß, ohne nachzudenken. Vom Gehen erzählt auch die Geschichte von den beiden Jüngern. Zwei von Ihnen gingen in ein Dorf, sein Name ist Emmaus. Was für Schritte mögen das gewesen sein, die die beiden da gehen? Vielleicht eher solche, mit schweren Beinen und Kloß im Hals. Oder vielleicht auch hastige Schritte, wie auf der Flucht, vor dem, was sie erlebt haben in den letzten Tagen. Den Tod Jesu. Die Erzählung der Frauen von dem leeren Grab und der Engelserscheinung. Petrus, der am Grab war und es leer vorgefunden hat. Wahrscheinlich sind sie verwirrt und aufgewühlt. Sie wissen nicht, was sie denken und fühlen sollen. Sie reden miteinander über alle diese Geschichten: Was hat das zu bedeuten? Auf was können wir denn jetzt noch unsere Hoffnung setzen? Ehrlich gesagt, diese Geschichte vom Gehen ist eine meiner liebsten biblischen Geschichten. Weil ich mir so gut vorstellen kann, wie sich das anfühlt, so eine Wanderung, bei der man sich gegenseitig sein Herz ausschüttet. Im Gehen lässt sich manchmal besser sagen, was ich mich sonst nicht zu sagen traue. Schritt für Schritt finde ich manchmal erst Worte für etwas, das mein Herz beschwert. Ja, manchmal entsteht durchs äußere Gehen etwas wie ein „Eingang“ zum Inneren. Und dadurch bewegt sich auch das Innere, ja etwas „geht“ weiter. Ein Schritt wird möglich. Auf dem Weg der beiden Jünger da erscheint ein Fremder. Er geht ihren Weg ein Stück mit. Und hilft ihnen, auszusprechen, wovor sie Angst haben, was sie gefangen hält und mutlos macht. Sie kehren ein in eine Herberge. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben, so heißt es da. Sie essen zusammen. Und dann ist es auf einmal alles da. Die Kraft des Neuanfangs. Auferstehung. Brannte nicht unser Herz auf dem Wege?, fragen sie. Ein unbeschreibliches Gefühl. Der Fremde verschwindet. Aber: Etwas ist in sie hineingegangen. Und sie stehen auf zu derselben Stunde und gehen wieder. Wahrscheinlich nicht mehr mit Beinen schwer wie Blei und enger Brust. Und auch nicht gehetzt und auf der Flucht. Sondern mit leichten, tanzenden Schritten, die sich anfühlen, wie Fliegen mit Schmetterlingsflügeln, stell ich mir vor. Solche Schritte, wie die auf einem Bahnsteig, wenn die Zugtüren sich öffnen und Du einem lieben Menschen in die Arme fällst. Oder die, wenn Du nach bestandener Prüfung dein Zeugnis abholst. Die, die Du getan hast, als Du das erste Mal das Meer gesehen hast und darauf zu gehüpft bist. Ja, und die Schritte, wenn Du nach einer langen Krankheit zum ersten Mal wieder vorsichtig ins Freie trittst und die Frühlingsluft riechst. Und es sich anfühlt, als finge ein neues Leben an. Kleine Schritte sind das manchmal. Die einen Eingang zum Inneren öffnen. Und mit denen alles neu werden kann. Neue erste Schritte eben. Nicht immer sind das Schritte, die wir wirklich mit den Füßen gehen. Es kommt auch nicht darauf an, ob eine gut laufen kann, oder die Füße einfach nicht mehr tragen und Du Hilfe brauchst, um Dich fortzubewegen. Sondern manchmal ist ein innerer Schritt sogar viel wichtiger, als das, was man von außen sieht. Ich glaube, darum geht es in dieser Ostergeschichte. Darum, wie auf einem Weg etwas Eingang erhält und das Herz zum Brennen bringt. Und wie in einer großen Traurigkeit wieder ein neuer Anfang sein kann und ein schwerer trauriger Kloß auf der Brust warm wird und wegschmilzt. Wir alle machen am Anfang unseres Lebens irgendwann einen ersten Schritt. Und dann, auf unseren Lebenswegen immer wieder neue erste Schritte. Nach einem beruflichen Ärger eine neue Perspektive finden. Nach einer schmerzlichen Trennung zum ersten Mal wieder jemandem ein strahlendes Lächeln schenken. In einem langen Konflikt jemandem

die Hand reichen zur Versöhnung. Es schaffen, die eigene Position nicht für die allerrichtigste zu halten und einlenken. Am Grab eines lieben Menschen zum ersten Mal nicht nur den schweren Stein zu sehen, sondern das Blühen der Veilchen und den Duft der Rosen riechen. Auch da, wo wir auf wackligen Beinchen stehen, schwanken und uns irgendwo festklammern, uns trauen, loszulassen. Nach vorn schauen. Zulassen, dass etwas Eingang nimmt in uns. Das Herz brennen lassen für das Leben. Und ahnen: Auch wenn irgendwann für alle von uns zum ersten Mal der allerletzte Schritt kommt, kann wieder ein erster sein. Davon erzählt Ostern. Amen.

Lied: Wir wollen alle fröhlich sein (EG 100,1-3)

Fürbitten / Vaterunser

Gott wir danken Dir für deine Nähe auch wenn wir sie nicht immer gleich wahrnehmen. Wir vertrauen dir, du gehst mit auf unseren Wegen, auch auf den schweren. Wir bitten dich: Gib dich zu erkennen in unserem Leben und in dem der Menschen, die deine Kraft besonders brauchen, weil sie an einer Schuld leiden, weil sie verzweifelt sind und ihnen der Lebensmut verloren gegangen ist. Wir bitten dich heute besonders für die Menschen in der Ukraine und die, die auf der Flucht sind. Bitte gib ihnen Kraft und Hoffnung dieses Grauen durchzustehen. Wir bitten dich um Frieden für die Welt und auch für unsere eigenen Herzen. – Vater unser im Himmel,…

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. – Amen+++

 

Ich wünsche Ihnen ein frohes und gesegnetes Osterfest!

Bleiben Sie behütet und gesund.

Es grüßt Sie herzlichst, Ihre Pfarrerin Dr. Anna Scholz

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