Andacht Reformationsfest, 03.11.2024 Sabine Klatt, Diakonin/Prädikantin

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Andacht zum Reformationstag, 03.11.2024, Sabine Klatt, Diakonin/Prädikantin

Ich freue mich, dass wir auf diese Weise miteinander verbunden sind – im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Gebet

Himmlischer Vater, wir leben auf der Erde. Du hast sie wunderbar geschaffen. Wir gehören zu dieser Erde. Du liebst sie und wendest dich uns zu. Öffne uns für dein Wort. Öffne uns füreinander. Sei bei uns in diesem Gottesdienst, mach Wohnung bei uns. Amen

  1. Lesung 2. Mose 29,42-46

Das soll das tägliche Brandopfer sein bei euren Nachkommen am Eingang der Stiftshütte vor dem HERRN, wo ich euch begegnen und mit dir reden will. Daselbst will ich den Israeliten begegnen, und das Heiligtum wird geheiligt werden in meiner Herrlichkeit. Und ich will die Stiftshütte und den Altar heiligen und Aaron und seine Söhne heiligen, dass sie meine Priester seien. Und ich will unter den Israeliten wohnen und ihr Gott sein, dass sie erkennen sollen, ich sei der HERR, ihr Gott, der sie aus Ägyptenland führte, damit ich unter ihnen wohne, ich, der HERR, ihr Gott.

  1. Lesung Apg 2,42-47 (in Auszügen) und mit Kol 3,16f (Bibel in gerechter Sprache)

Sie blieben aber beständig in der Apostel Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet …Und sie waren täglich und stets beieinander einmütig im Tempel und brachen das Brot hin und her in den Häusern, nahmen die Speise mit Freuden und lauteren Herzen, lobten Gott und fanden Gnade bei dem ganzen Volk. Das Wort Christi wohne reichlich unter euch. In aller Weisheit lehrt und lenkt einander mit Psalmen, Hymnen und geistgewirkten Liedern, singt in euren Herzen anmütig vor Gott.

  1. Lesung Mt 20,25-28

Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht, so wie der Menschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.

Lied: Ein feste Burg ist unser Gott (EG 362,1)

Ansprache

Liebe Leser*innen!

Was macht einen Gottesdienst zum Gottesdienst? Was hat Luther wiederentdeckt oder gar ganz neu unter die Leute gebracht in Sachen Gottesdienst? Versuchen wir den Spuren zu folgen, die uns durch die gehörten Texte zum Gottesdienst gelegt sind, und gleichzeitig das Besondere reformatorischer Theologie in Sachen Gottesdienst näher zu beleuchten. Im Gegensatz zu den benachbarten europäischen Sprachen kennt die deutsche Sprache für die Versammlung der christlichen Gemeinde den Begriff Gottesdienst. Martin Luther hat ihn wesentlich geprägt und oft in zwei Worten: Gottes Dienst geschrieben: In seinen Schriften findet sich eine große Breite an Bedeutungen. Das beginnt im Alltag. – Eine Mutter oder ein Vater tun einen wunderbaren Gottesdienst, wenn sie mit Liebe und Verantwortung ihre Kinder groß ziehen. – Eine Ärztin oder ein Anwalt dienen Gott, wenn sie ihren Beruf menschenfreundlich ausüben … Entscheidend ist aber, dass Luther dem Wort „Gott“ das Hauptgewicht gibt, dass er die Bedeutung des Begriffs in gerade revolutionärer Weise umdrehen kann. Dann dienen nicht wir zuerst Gott, sondern er uns. Gott bückt sich. Er ist nicht einer, der es sich im Himmel bequem gemacht hat, sondern buchstäblich runter kommt, einer von uns wird.   Was Gottes Dienst ist, kann man an dem ablesen, was Jesus getan hat. er kommt in einer Futterkrippe zur Welt, lebt mit einfachen Menschen zusammen, heilt sie, erzählt ihnen von der Liebe Gottes… „Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe, der von der Erde bis an den Himmel reicht.“ Das hat nicht Jesus, sondern Luther gesagt. Aber er trifft damit das, was der Mann aus Nazareth gelebt und von sich selbst gesagt hat: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für unendlich viele.“ In Christus lässt sich Gott ins Herz schauen. Toll… Aber wie kommt diese Liebe zu uns? – Sie muss kommuniziert, ausgeteilt, inszeniert werden, sagen wir heute. Sie braucht frische Worte und neue Zeichen. Sie muss wieder neu Fleisch werden und Hände und Füße bekommen …Deshalb braucht es den Gottesdienst, die Verkündigung des Wortes, den immer wieder neuen Sound des Evangeliums.

Damit komme ich zu einer viel zitierten Formel. Sie stammt aus einer Predigt Luthers gehalten bei der Kirchweihe der Schlosskirche im sächsischen Torgau 1544. Martin Luther hat die Wendung eher beiläufig fallen lassen: „dass unser lieber Herr mit uns rede durch sein heiliges Wort… und wir wiederum mit ihm reden in Gebet und Lobgesang.“ Dazu solle die neue Kirche dienen. Dies besagt, dass es im Gottesdienst zu einem Wort- und Klangwechsel kommt, in dem der lebendige Gott selbst redend und hörend am Wirken ist. Gottes Dienen besteht darin, dass Gottes Geist durch uns hindurch das zum Klingen bringt, was in Jesus ein Gesicht, Hände und Füße bekommen hat. Zudem gehört zu einem lebendigen Dialog, dass sich die Kommunikationspartner verstehen. Das war ein Grundanliegen aller Reformatoren. Gottesdienste wurden deshalb bald in der Volkssprache gefeiert. Das Wort sollte nicht nur gelesen, sondern ausgelegt werden. Dazu galt es, dem Volk auf’s Maul zu schauen, ja, mehr noch Herzen und Münder auch zum Beten und Singen zu öffnen. Die Gemeinde sollte nicht nur passiv, sondern endlich wieder aktiv beteiligt werden. Die freundliche Einladung lautet: Komm und sieh, probier es einfach aus. Was du hier zu hören kriegst, ist einzigartig. Es ist ein Schlüssel zum Leben. Zu einem Leben mit Sinn und Qualität. Ich möchte damit nicht behaupten, dass der Gottesdienst der einzige Weg zu Gott bzw. zum Glauben an Christus sei. Gottes Geist hat viele Wege, Menschen zu bewegen und Herzen zu erreichen. Vielleicht kommen sie auch erst einmal zu einer anderen Veranstaltung: zu einem gemeinsamen Essen, einem interessanten Vortrag, einem spannenden Konzert oder einer bewegenden Hilfsaktion oder? … Kein Problem, denn Gemeinde ist ein Gesamtkunstwerk. Gottesdienst und Diakonie, Glaube und Leben gehören zusammen. Das klingt auch in der Apostelgeschichte 2, die wir vorhin gehört haben, an, wo beschrieben wird, wie das in der Urgemeinde gewesen ist: Die Gottesdienste der ersten Christen bestachen durch vier Dinge: lebendige Verkündigung, gemeinsames Essen (auch im Alltag), regelmäßiges Gebet und Lob Gottes, und das alles unter dem Vorzeichen der Gemeinschaft. So fanden die Christen Anerkennung bei vielen. Hier wurde nicht nur über theologische Fragen geredet, sondern die Auferstehung Christi als Gottes Sieg über den Tod gefeiert. So war das auch – zumindest für einige Zeit – in den Jahren der Reformation. Menschen spürten neu, was ihr Leben trägt. Sie wollten sich nicht mehr Angst machen lassen vor der Hölle. Und sie ließen sich nicht mehr einreden, dass man das Seelenheil mit Geld erkaufen könne. Sie entdeckten die befreiende Botschaft der Bibel. Warum bleibt all das nicht ohne Wirkung? Nicht weil wir mit unseren Fähigkeiten es „laut“ machen, so schön singen oder so gut predigen. Sondern, weil Gott es versprochen hat. Weil Gott selbst zu Wort kommt. Gottesdienst heißt, dass Gott ein Versprechen gibt: Ich bin dein Gott. Diese Zusage steht über deinem Leben seit der Taufe und über unserer Kirche, egal ob sie sich evangelisch oder katholisch oder orthodox oder baptistisch nennt … Gottes Dienst ist Dienst Gottes an uns und durch uns – damit sind wir wieder am Anfang. Das Evangelium bekommt Klang und Gestalt durch uns. Wir dürfen es weitergeben, weitersingen und weitertragen, wie Luther in seiner Vorrede zum Neuen Testament treffend schrieb: „Das Evangelium ist ein gut Geschrei usw. davon man singet, saget und fröhlich ist.“ Der feststehende Gesang dieser guten Nachricht ist die Botschaft von Ostern, die uns den Himmel öffnet und die Welt in einem neuen Licht sehen lässt. So öffnen sich auch heute im Gottesdienst die Herzen. Wir werden verwandelt, um Gott und den Menschen zu dienen. Amen

Fürbittengebet / Vaterunser

Gott des Himmels und der Erde, du bist bei uns wo immer wir sind. Durch Worte und Lieder hast du zu uns geredet. Nun rufen wir zu dir, für andere Menschen, für deine Welt.   Menschen werden hart, wenn sie miteinander streiten. Lass sie wieder zusammenfinden. Menschen fragen und suchen nach dir, öffne ihnen Räume, dir zu begegnen. Menschen fehlt es an Arbeit und Brot, gib ihnen Nahrung für Seele und Leib. Menschen sind oft einsam, gib ihnen neuen Mut für den nächsten Schritt. Menschen sind heimatlos, gib ihnen ein Dach über den Kopf. Und hilf uns, sie zu sehen. Wir strecken uns aus nach dir, Gott. Höre uns. – Vater unser im Himmel…

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe Dir Frieden. Amen+++

 

Bleiben Sie behütet und gesund!

Esgrüßt Sie herzlichst, Ihre

Sabine Klatt