Der Friede Gottes sei mit Euch allen. Herzlich willkommen, zum Gottesdienst am Muttertag! Ja, wir alle haben eine Mutter. Und Muttersein ist eine vielschichtige Angelegenheit – Deswegen soll es heute um Mütter gehen. Um schönes und um schwieriges, was mit der Idee des Mutterseins verbunden ist und auch um eigene Erinnerungen und Gefühle. Lasst uns diesen Gottesdienst feiern im Namen Gottes von dem gesagt wird, dass er uns tröstet, wie einen seine Mutter tröstet.
Lied EG + 2, Maria durch ein Dornwald ging
Psalm 131
HERR! Ich denke nicht zu hoch von mir, ich schaue auf niemand herab. Ich frage nicht nach weit gesteckten Zielen, die unerreichbar für mich sind. 2 Nein, still und ruhig ist mein Herz, so wie ein sattes Kind im Arm der Mutter – still wie ein solches Kind bin ich geworden. 3 Volk Israel, vertrau dem HERRN von jetzt an und für alle Zukunft!
Gebet
Guter Gott wir danken Dir für Deine Nähe dafür, dass Du uns Menschen liebst, auch wenn wir so oft Fehler machen. Dafür, dass Du uns immer wieder verzeihst und einen neuen Anfang schenkst. Und deinen Arm um uns legst, wie eine liebende Mutter. Hilf uns, unsere Kräfte einzusetzen, um die Welt ein bisschen friedlicher zu machen, da wo wir es können und gib uns Kraft zu lieben, zu trösten und zu heilen, wo wir gebraucht werden. Amen.
Schriftlesung Gen 3
Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein. 17 Und zum Mann sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen –, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. 18 Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. 19 Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde wirst, davon du genommen bist. Denn Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück. Und Adam nannte seine Frau Eva; denn sie wurde die Mutter aller, die da leben.
Lied EG 302 Du meine Seele singe 1, 5,8
Ansprache
Liebe Leser*innen, Eva, die Mutter aller, die da leben. Viel hat man ihr angedichtet im Laufe der Jahrhunderte und viele Rollen sind es, in denen sie erscheint. Als große Verführerin vor allem ist sie in die Geschichte eingegangen, Eva, die auf die Schlange hört und nicht auf Gott. Die Frau, die Adam dazu bringt, von der verbotenen Frucht zu essen. Ein verhängnisvoller Bissen und schon ist es aus mit der vertrauensvollen Gottesnähe und dem sorglosen Leben in einem wohlgeordneten Paradies. Zugleich erzählt diese Geschichte aber auch davon, dass eben auch das biblische Papadies schon ein Ort ist, der alles enthält, was das menschliche Leben ausmacht: Harmonie und Frieden, Lebensfülle. Aber eben auch den Drang zur Grenzüberschreitung, zur Zerstörung von Ordnungen, die Macht des Bösen, dessen Ursprung sich nicht bestimmen lässt. Gott stellt die Menschen zur Rede. Und beide weisen die Schuld von sich ab: Der Mann schiebt den Bruch des göttlichen Gebots der Frau in die Schuhe – und die sagt: „Die Schlange war´s“. Schwere Konsequenzen folgen : Die Schlange muss auf dem Bauch kriechen, die Frau wird Schmerzen haben beim Kindergebären und der Mann wird zur schweren Arbeit verdonnert, mit der sicheren Aussicht, irgendwann als Staubkorn wieder zu enden. Zugleich: Erst nach diesen Vorfällen erhalten die Menschen Namen und damit Individualität. Und auch jenseits des Gartens Edens sorgt sich Gott um seine Geschöpfe: Macht ihnen Fellröcke, dass sie nicht frieren. Und gibt ihnen Land zur Bebauung. Und Eva wird eben: Die Mutter, aller, die da leben. Zwei Söhne bringt sie zur Welt, Kain und Abel. Zwei ungleiche Brüder, der eine ein Ackermann, der andere ein Viehzüchter. Geliebt haben wird Eva sie wohl beide. Und dennoch gärt zwischen ihnen beiden eine tiefsitzende Konkurrenz. Irgendwann eskaliert der Streit, glühende Eifersucht gewinnt die Oberhand über die Vernunft. Und Kain schlägt seinen Bruder Abel tot. Wie mag es für Eva sein, diesen Schrecken zu erleben? Die Bibel erzählt davon nichts. Aber wir können uns vorstellen: Die Verschiedenheit ihrer beiden Kinder hat sie bestimmt gesehen. Und dass nicht ein Miteinander, sondern Neid und Missgunst das Verhältnis der beiden bestimmte: Das wird sie unglücklich gemacht haben und belastet haben, ja vielleicht auch in Zweifel über sich selbst gestürzt haben. Sehr schnell sind wir als Menschen, vielleicht besonders, als Frauen, ja dabei, die Schuld an einer schicksalhaften Situation bei uns selbst zu suchen. Kulturgeschichtlich hat das sicher etwas mit dieser Eva-Geschichte zu tun: Eva als die Mutter der Verführung, der Vertreibung aus dem Paradies. Aber eben auch: Der Mutter aller die da leben und zugleich die Frau, die durch ihre Auflehnung gegen das Selbstverständliche die ganze Menschheit einen Schritt zur Selbstständigkeit gehen lässt und sie aus der träumenden Unschuld und Naivität des Lebens im Paradies befreit. Und die dann auch noch das Schlimmste erleben muss, was einer Mutter passieren kann: Den Tod des eigenen Kindes und dann auch noch durch die Hand des anderen. Kaum vorstellbar, wie ein Mensch das aushalten soll. Die biblische Geschichte erzählt uns nichts davon. Aber indem diese Eva, mit diesem Schicksal zur Urmutter der Bibel wird, sagt sie uns doch: In den Geschichten Gottes mit den Menschen haben alle existenziellen Ereignisse, auch die schlimmen, ihren Platz. Immer schon haben Mütter in Sorge um ihre Kinder gelebt und nicht immer das Unheil von ihnen abwenden können. Und bleiben eben trotzdem Mütter. Von vielen Müttern erzählt die Bibel. Sara, die Spätgebärende. Hagar, die prekäre Mutter, die alleinerziehend mit ihrem Kind in die Wüste fliehen muss und erlebt, wie Gott sie ansieht und ihr hilft. Jochebed, die Mutter des Mose, die das Leben ihres Kindes in einer Situation der politischen Verfolgung unter Einsatz aller Kräfte rettet. Die Tochter des Pharao, die sich des kleinen Mose als Adoptivmutter annimmt und ihm zu einer guten Ausbildung und Karriere verhilft, selbst wenn die schließlich anders verläuft, als geplant. Gomer, die Frau des Propheten Hosea, die mehr oder weniger als Tempelprostituierte zwangsverheiratet wird und am Ende aber drei Söhne bekommt, die zum Zeichen für die Zukunft des ganzen Volkes werden. Batseba, die ihr erstes Kind verliert, weil Gott David für seine heimtückische Tat strafen will, für die sie gar nichts kann. Das Buch der Sprüche erzählt von der Mutter des Königs Lemuel von Massa, deren Name nicht genannt wird, die ihren Sohn aber offenbar mit vielen Weisheiten ausgestattet hat, die in diesem Buch überliefert sind: (Spr 31) „2 Was, mein Sohn, soll ich dir sagen, was, du Sohn meines Leibes, was, mein erbetener Sohn? 3 Lass nicht den Frauen deine Kraft und geh nicht die Wege derer, die Könige verderben! 4 Nicht den Königen, Lemuel, ziemt es, Wein zu trinken, nicht den Königen, noch den Fürsten Bier! 5 Sie könnten beim Trinken des Rechts vergessen und verdrehen die Sache aller elenden Leute. 6 Gebt Bier denen, die am Umkommen sind, und Wein den betrübten Seelen, 7 dass sie trinken und ihres Elends vergessen und ihres Unglücks nicht mehr gedenken. 8 Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind. 9 Tu deinen Mund auf und richte in Gerechtigkeit und schaffe Recht dem Elenden und Armen.“ So heißt es da zu Beispiel. Und nicht zuletzt ist dann da ja noch Maria, die Mutter Jesu, als Gottesmutter besonders im katholischen Glauben verehrt, als die reine und unfehlbare Fürsprecherin der Menschen – oft auch als Gegenbild zu Eva stilisiert, eben als jungfräulich, sündlos und heilig. Die aber in der biblischen Geschichte zuallererst eine junge Frau ist, die ungewollt schwanger wird, und nicht weiß, wer der Vater ist. Die dann unter widrigen Umständen ihr Kind bekommt, fern von Zuhause und gleich drauf dann auch noch fliehen muss mit dem Neugeborenen im Arm. Und hinterher nicht verhindern kann, dass ihr Sohn sich von der Familie abwendet, mit einer Truppe revoltierender Leute durch das Land zieht, eine Art neue religiöse und soziale Bewegung ins Leben ruft und dafür gekreuzigt wird. Ja, auch sie hält am Ende ihr totes Kind im Arm. Von Eva, der Mutter aller die da leben, zu Maria, der Mutter Jesu: Viele verschiedene Müttergeschichten werden in der Bibel erzählt. Geschichten von starken Frauen, die es auch in widrigen Umständen schaffen, einen Weg für sich und ihre Kinder zu gehen, wie Hagar und Jochebed und Gomer. Privilegierte Mütter, die Frauen mächtiger Männer, die ein luxuriöses Leben ohne materielle Sorgen führen können, und trotzdem Momente von Trauer und Ohnmacht erleben müssen, wie Sara und Batseba. Kluge Mütter, die zur Ratgeberin des Königs werden, wie im Buch der Sprüche. Und unverhoffte Mütter, wie Maria, deren Kinder dann trotzdem Großes bewegen. Ich glaube, auch in heutigen Müttern sind Anteile dieser biblischen Mütter zu finden. Die Schmerzen der Geburt. Die Sorge darum, wie man seinen Kindern eigentlich dazu verhilft, einen guten Weg ins Leben zu finden. Die Erfahrung von Scheitern und Loslassenmüssen. Das Gefühl von Schuld, wenn das eigene Kind gegen gesellschaftliche Erwartungen verstößt. Ohnmacht und Trauer, weil der Wunsch nach einem ersehnten Kind unerfüllt bleibt. Der unbeschreibliche Schmerz, ein Kind zu verlieren. Die Erfahrung materieller Not und die Angst, seinem Kind keine guten Lebensverhältnisse bieten zu können. Das Glück über das erste Lachen eines Kindes. Streit und Versöhnung. Weisheit und Vertrauen. Freude und Liebe. Verzweiflung und
Wut. Heute am Muttertag denke ich an sie alle. Auch an meine eigene Mutter. Als kleines Mädchen wollte ich so sein wie sie. Als Jugendliche hielt ich sie so ziemlich für die uncoolste Person auf dem ganzen Globus. Und als ich dann plötzlich selbst Mutter wurde, auch etwas jung und unverhofft, da war ich froh, von ihr gelernt zu haben. Und musste mich dann auf einmal dabei ertappen, doch in vielem, was ich ganz bestimmt immer ganz anders machen wollte, ihr so ähnlich geworden zu sein. Muttersein ist nicht immer leicht. Keine Mutter zu sein auch nicht. Und eine Mutter zu haben und mit ihr zu leben, kann einen auch das ganze Leben lang beschäftigen, im Guten und im Schlechten. Ich wünsche heute allen Müttern, aber auch den Frauen, die eben, gewollt oder ungewollt keine Mütter sind, dass sie Frieden machen können, mit dem, was das Leben für sie bereit hält. Und auch uns allen, die wir an unsere Mütter denken, dass wir Frieden schließen können, mit dem, was wir mit ihnen erleben oder erlebt haben. Und die Erfahrung machen, die Hagar ausspricht, in ihrer bewegten Geschichte, und was die Jahreslosung dieses Jahres ist: Nämlich, dass Gott uns alle im Blick hat, Mütter und nicht Mütter. Und uns immer wieder Wege zeigt. „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ So soll es sein. Amen.
Fürbitten / Vaterunser
Guter Gott, wir erinnern uns heute an unsere Mütter. Wir sind dankbar für alle Liebe, Geborgenheit und Ermutigung, die sie uns geschenkt haben, und bitten dich zugleich, dass wir ihnen vergeben können, was sie an uns falsch gemacht haben oder uns schuldig geblieben sind. Wir bitten dich, lass keine Mutter bereuen müssen, ein Kind zur Welt gebracht zu haben. Stärke alle, die an die Grenzen ihrer Kraft kommen. Lass Alleinerziehende Unterstützung und Solidarität erfahren. Und die altgewordenen Mütter bewahre vor Einsamkeit und Enttäuschung durch ihre Kinder. Gott, wir bitten um Hilfe für Schwangere in Konfliktsituationen, für Schwangere in Kriegs- und Katastrophengebieten. Dein Trost sei nahe allen, die ein Kind verloren haben, und die sich vergeblich nach einem Kind sehnen, bewahre vor Verzweiflung. Gott, auf dein mütterliches Erbarmen hoffen wir alle: Schütze die Liebenden, behüte das Glück der Kinder und lass die Alten ihr Leben im Licht deiner Barmherzigkeit anschauen. – Vaterunser…
Lied EG 482, 1-5+7 Der Mond ist aufgegangen
Segen
Der Herr segne und behüte dich, er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig, er erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen
Bleiben Sie behütet und gesund!
Es grüßt Sie herzlichst, Ihre
Pfarrerin Dr. Anna Scholz