Andacht Jubilate, 21.04.2024, von Pfarrer Martin Hahn

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Heute ist der Sonntag Jubilate, ein Sonntag, der uns gewiss machen soll über die Veränderungen, die Ostern für uns Christen bedeutet. Das wir Teil einer neuen Schöpfung sind. Ein versöhnter Teil der Natur. Im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes, Amen.

Lied: Komm Heiliger Geist (EG 156)

Gebet

Herr, du umgibst uns mit einer unbändigen Schönheit, jeden Frühling neu. Du weckst die Vogelstimmen in unseren Gärten, du lässt Bienen und Hummeln um uns herum bummeln, du schenkst uns einen Vorgeschmack auf den Himmel durch all die Natur, die jedes Jahr zu neuem Leben erwacht. Mach uns wach und klar, schenk uns inneren Frieden in allem Wandel. Amen.

Psalm 66

Jauchzet Gott, alle Lande! Lobsinget zur Ehre seines Namens; rühmet ihn herrlich! Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke! Deine Feinde müssen sich beugen vor deiner großen Macht. Alles Land bete dich an und lobsinge dir,lobsinge deinem Namen. SELA. Kommt her und sehet an die Werke Gottes,der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern. Er verwandelte das Meer in trockenes Land, sie gingen zu Fuß durch den Strom; dort wollen wir uns seiner freuen.

Amen

Ansprache

Die Osterzeit soll eine Zeit voll der Freude sein. Diese Jahreszeit dauert im Kirchenjahr immerhin 50 Tage. Also: Jubilate! Freut euch! Die Texte, die wir in dieser Zeit miteinander lesen sind die Aufmerksamkeit jedes Mal wert, denn sie stellen die selben Fragen, die uns heute noch interessieren. Ist die Auferstehung wirklich passiert? War sie tatsächlich physisch? Welchen Unterschied macht sie? Das sind mit die wichtigsten Fragen im christlichen Glauben. Bei Ostern geht es um Verwandlung: an Weihnachten begegnet uns Gott, wo wir gerade sind; an Ostern nimmt er uns aus der Verzweiflung mit hinein in die Freude. Die Predigten in dieser Kirchenjahreszeit sind ein bisschen der Versuch, auf einen Berg zu klettern um hinein in das Land zu sehen, das Gott uns einst schenken will. Ich predige zu 2. Kor, 4, 14-18.

„denn wir wissen, dass der, der den Herrn Jesus auferweckt hat, wird uns auch auferwecken mit Jesus und wird uns vor sich stellen samt euch. Denn es geschieht alles um euretwillen, auf dass die Gnade durch viele wachse und so die Danksagung noch reicher werde zur Ehre Gottes.

Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Denn unsre Bedrängnis, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit, uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.“

Corona hat uns vielleicht wie nichts anderes gezeigt, dass das Normale, das Planmäßige, im Grunde der ganze Versuch des letzten Jahrhunderts, die Natur und Umwelt zuverlässig zu bändigen, dass all das ein Versuch ist, der scheitern kann.

Normal bedeutet: die Dinge gehen nach meinem Plan. Ich habe sie unter Kontrolle. Ich bin das Zentrum der Welt, das Ende der Geschichte, alles wird danach bewertet, wie sehr es zu meinem Lebensgefühl, meiner Sicht der Dinge passt.

Wenn man mit dieser atheistischen Brille auf die Auferstehung schaut, laut der klassische Ansatz: sie ist schlicht nicht passiert. Warum? Weil Auferstehung etwas ist, das nicht mal so eben passiert. Biologisch: der Körper ist tot. Er vergeht. Historisch: es ist nie davor und nie danach geschehen. Was also macht man mit diesen Geschichten, in denen Jesus nach der Kreuzigung einfach wieder auftaucht und mal eben so mit den Jüngern isst? Sie sind offensichtlich erfunden… Wie geht man als Atheist mit den deutlichsten Hinweisen auf eine Auferstehung um: dass eine Gruppe deprimierter Jünger auf einmal zu einer dynamischen Truppe wurde, die die Herzen der Welt für sich gewann? Atheisten halten die Auferstehungsberichte für Haluzinationen. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf der atheistischen Position herumtrampeln.

Jeder, der sich damit beschäftigt, fragt sich von Zeit zu Zeit: wie hat er das gemacht? Viele Christen möchten darum gern beides zugleich: „wir sind normal, Menschen erstehen nicht von den Toten auf“, aber man gibt dann doch gern zu, dass „etwas besonderes“ damals geschah, vor 2000 Jahren. Wenn man dann genauer hinschaut, kommt bei diesem Gedanken etwas raus, was wir eine Auferstehung im Geiste nennen können. Eine Weltsicht, die sagt: die Menschen damals hatten keine Ahnung von Wissenschaft und Geschichte wie wir. Sie haben Jesus um sich gespürt, und es kann ja nicht physisch gewesen sein, also war es spirituell. Wenn wir uns das vor Augen halten und dann z.b. Lukas Berichte von Jesu Begegnungen nach der Auferstehung lesen (z. B. Lk 24), dann merken wir: Die Evangelien haben genau diese Menschen vor Augen, die eine spirituelle Sicht auf Jesus haben – um ihnen zu zeigen, dass sie sich irren.

Das zeigt uns: dieselben Fragen und Argumente wie heute gab es schon damals. Jesus war für die erste Generation Christen kein Geist, er war auch kein Körper, der nicht wirklich gestorben war. Für die Evangelien ist Jesus physisch auferstanden.

Aber wozu? Um uns zu begegnen und uns mit Freude zu fluten. Um uns etwas zu zeigen. Etwas, das spirituell verstanden werden muss. Etwas unsichtbares, das in uns einen neuen Charakterzug hervorbringt: „Denn es geschieht alles um euretwillen, auf dass die Gnade durch viele wachse und so die Danksagung noch reicher werde zur Ehre Gottes“

Das Entscheidende ist das, was uns Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther mitgeben möchte: die Auferstehung hat einen Zweck: und der sind wir. Gott hat damit die Ewigkeit für uns freigegeben. Wir blinzeln sozusagen in die Ewigkeit, wenn wir an Ostern in die Kirche gehen, damit wir ein erlösteres Leben führen können. Paulus sagt im Grunde: wir erhalten Anteil am einem unsichtbaren Überfluss, der nicht vergeht, auch wenn wir sterbliche Körper haben. Woran erkennt man, dass es stimmt? Durch den Elan, der einen erfasst. Aber auch durch die Geduld mit der Welt, die einen überkommt. Wie kann man sich das vorstellen? Machen wir zum Schluss ein Gedankenexperiment:

Es ist ein bisschen wie nach einem Fußballspiel, sagen wir dem WM Halbfinale 2014 in Brasilien, Mitternacht ist rum und man hat das Spiel in seinem Hotelzimmer in New York gesehen. 7:1. Es war glorreich, unvergesslich, ewig, aber man ist ja gerade in den USA und niemand weit und breit hat einen Schimmer. Man läuft euphorisch durch die Lobby des Hotels, auf die Straßen, aber niemand hat mitbekommen, was Phase ist. Also: kriegt man sich wieder ein. Bewahrt die Freude tief in sich auf. Also: muss man noch warten, bis dass sich die Botschaft überall ausbreitet. Und alle (Auch die Amerikaner*innen) erkennen, wie wichtig Fußball ist. Die Auferstehung beginnt eine Kettenreaktion des Guten, sie wirkt in uns weiter. Sie bewirkt in uns die Gewissheit, dass wir sicher sind. Für immer. Das wir am Ende der Tage heimkehren in das ewige Vaterland, wie das Gesangbuch es sagt. Sie bewirkt den Elan, weiterzumachen. Aufzustehen. Sie bewirkt die Geduld, um mit der Welt zurechtzukommen, wie sie wirklich ist. Unkontrollierbar und schön zugleich. Der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

Fürbittengebet

Ich bitte dich für die Liebenden, die unverdrossen das Geschenk des Lebens feiern. Bewahre Ihr Glück.

Wir rufen gemeinsam: Herr erbarme dich

Wir bitten dich für die Menschen, die gestern für die Demokratie auf die Straße gegangen sind. Die sich aufmachen, für das freie Leben in diesem Land einzustehen. Gib ihnen Kraft, durchzuhalten und diese Demokratie zu erneuern.

Wir rufen gemeinsam: Herr erbarme dich

Wir bitten dich für die Menschen, die unter den steigenden Preisen leiden. Unter der Armut, die sich ausbreitet. Für alle, die nicht wissen, wie es weitergehen soll.

Wir rufen gemeinsam: Herr erbarme dich

Wir bitten dich für die Menschen, die Verantwortung haben: sei bei ihnen. Hilf ihnen sich gegen den Krieg zu stemmen und den Menschen in der Ukraine beizustehen.

Wir rufen gemeinsam: Herr erbarme dich

Wir bitten dich für die Einsamen, die Traurigen, die Menschen in unseren Dörfern, die allein leben und jemanden vermissen. Lass uns Nachbarn sein, die aufeinander achtgeben.

Wir rufen gemeinsam: Herr erbarme dich

Gemeinsam sprechen wir die Worte unseres Herrn. – Vater unser im Himmel …

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen

Gott behüte Sie,

Ihr Pfarrer Martin Hahn

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