Andacht 1. So. n. Epiphanias, 07.01.2024, Pfarrer Martin Hahn

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Gott sei bei uns am Beginn dieses neuen Jahres in der Geborgenheit, die uns trägt, damit wir dem, was uns erwartet, entgegen gehen können. Unsere Jahreslosung lautet ja: Alles was ihr tut, geschehe in Liebe. Gott wirke unter uns als die Liebe, die uns stärkt, damit wir die Bedrohungen des Lebens bei Namen nennen können. Gott schenke uns jetzt und allezeit den Mut, der uns beflügelt, damit wir überlegt das richtige tun. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, Amen.

Gebet

Unsere Zeit, Gott, ist umfangen von deiner Gnade. Schenke uns mit dem Beginn des neuen Jahres auch einen neuen Anfang. Erneuere uns durch dein Wort und gib uns den Mut, den wir für unseren Auftrag brauchen. Dass du alles neu machst, lass uns spüren heute und jeden Tag auf unseren Wegen durch die Zeit hin zu deiner Ewigkeit. Amen

Predigt, Genesis 12, 1-9

Liebe Leser*innen.

Der Beginn des neuen Jahres ist immer ein Grund für eine Inventur. Insofern mache ich einen frechen Vorschlag: gehen sie mal einen Vormittag lang allein weg und schreiben sie ihren eigenen Nachruf. Machen sie einfach. Es geht darum, ein paar Jahre vorauszuschauen und die schönsten Dinge zu schreiben, die man sich nur wünschen kann, dass jemand sie einmal über einen schreiben möge. Man betrachtet die alltäglichen und unscheinbaren Details seines bisherigen Lebens bis zu diesem Zeitpunkt, und nimmt sie sozusagen als Einleitung für die Herrlichkeit, die noch kommen wird. (Ich habe diese Übung einmal einem Bekannten empfohlen, der kurz davor war, Mönch zu werden. Es fiel ihm schwer, sie ernst zu nehmen, und er bestand darauf, zu sagen: „Starb friedlich in seinem Bett, umgeben von zwei seiner Lieblingsfrauen.) Um alles aufzuschreiben, braucht man normalerweise etwa 2-3 Stunden. Wenn man damit fertig ist, schaut man auf diese wunderbare Person, die man beschrieben hat, und fragt sich: “ Warum kann ich jetzt nicht so leben? Wenn das die Dinge sind, die ich bewundere, warum bin ich dann nicht so? Was hält mich davon ab?“ Was als eine Übung in Stolz und Eitelkeit beginnt, endet als ein demütiger Akt der Beichte und der Erneuerung. Ich frage mich, wie es wohl wäre, einen Nachruf auf Abraham zu schreiben. Vielleicht würde er etwa so anfangen. Gott hatte einen Plan. Dieser Plan bestand darin, in Beziehung zu treten: ein Freund zu sein, in Freude und Sorge, ein treuer und ausdauernder Begleiter. Und so entstand die Schöpfung – Sonne, Mond, Sterne und all der Rest – und die Krone dieser Schöpfung war der Mensch. Schöpfung, das war die Menschheit, ausgedrückt in Adam und Eva. „Adam“ bedeutet Erde und „Eva“ bedeutet Leben. Die Menschheit ist derOrt, an dem sich das Leben, das aus dem Herzen Gottes kommt, mit der Erde, die aus der Hand Gottes kommt, überschneidet. Dies war also Gottes gute Absicht: aus Materie und Geist den Menschen zu machen und in Beziehung zur Menschheit seinen Wunsch zu erfüllen. Das war Plan A. Aber Plan A wurde vereitelt. Die Sünde trat auf den Plan. Gott erlitt einen verheerenden Rückschlag. Die Beziehung des Menschen zu Gott wurde zu einer Beziehung des Betrugs, des Misstrauens und der Angst – und, wie die Geschichte von Kain, der seinen Bruder Abel tötet, zeigt, wurden auch die menschlichen Beziehungen zueinander von Misstrauen, Neid und Gewalt geprägt. Misstrauen, Neid und Gewalt, Betrug und und Angst wurden so überwältigend, dass Gott die Geduld verlor und beschloss, reinen Tisch zu machen und noch einmal von vorne anzufangen. Also gab es einen zweiten Plan, Plan B. Diesmal war der Plan nicht, von Anfang an mit der ganzen Menschheit in Beziehung zu treten. Diesmal bestand der Plan darin, eine rechtschaffene Person zu finden und von dort aus weiterzumachen. Plan B hieß Noah. Noah war der einzige Gerechte, dessen Familie Gott vor der Apokalypse der Sintflut rettete. Es ist erstaunlich: die Arche Noah ist die Bibelgeschichte, die Kindern am häufigsten vorgelesen wird, und enthält sie die größte Zerstörung von Menschen und Schöpfung, die jemals beschrieben worden ist. Wenn der UN Generalsekretär vom Klimawandel spricht, sagt er biblische Ausmaße und meint diese Geschichte. Aber auch Plan B hat nicht geklappt. Noah vermasselte es innerhalb von wenigen Versen, nachdem er die Arche verlassen hatte. Als sich die Menschen dann hin zur Zivilisation in den Städten entwickelten, haben wir die die Geschichte vom Turmbau zu Babel. Es ist die Geschichte, wie die Menschen sich Gottes Geschenk der Vielfalt widersetzten, indem sie versuchten, die Menschheit in ein einziges großes Muster zu zwingen. Der Plan für eine Beziehung mit allen Menschen ist also gescheitert, und der Plan für eine Beziehung durch einen gerechten Mann ist gescheitert, und Gott hat sich schließlich einen dritten Plan ausgedacht. Hier kommt Abraham ins Spiel. Gottes dritter Plan war eine Beziehung zu einem Volk, durch die Familie Abrahams. In gewisser Weise ist Plan C eine Kombination aus den beiden vorherigen. Er hat die gemeinschaftliche Dimension des ersten Plans und die Dimension der Heiligkeit des zweiten Plans. Abrahams Kinder sollen das heilige Volk Gottes sein, und durch sie wird Gott wieder mit allen Völkern in Beziehung treten. Das ist Plan C, und um Plan C dreht sich alles im Alten Testament. So beginnt der Nachruf auf Abraham. Aber was wäre ein perfektes Ende für Abrahams Nachruf? Natürlich ein Katalog seiner Leistungen: er gewann den Preis für die längste Wanderung in der der Bibel und zweifellos auch den Preis für den besten Bart im Alten Testament. Aber wäre es nicht wunderbar, wenn es schließlich eine Person gäbe, die eine perfekte Beziehung zwischen Gott und den Menschen zum Ausdruck brächte? Wäre es nicht erstaunlich, wenn ein Mensch auftauchen würde, der die neue Schöpfung verkörpert, wie Adam und Eva, die Heiligkeit und Gerechtigkeit, wie Noah, und die gemeinschaftliche Dimension des auserwählten Volkes wie Abraham? Mit anderen Worten, eine Person, die die Pläne A, B und C erfüllt? Das ist es, was der christliche Glaube verkündet. Gottes Plan und Verheißungen für Adam und Noah werden durch die Verheißungen an Abraham nicht durch die Verheißungen an Abraham nicht außer Kraft gesetzt, sondern durch das Kommen von Christus erfüllt. Jesus ist ein Jude, der alle früheren Pläne Gottes erfüllt. Er ist die neue Schöpfung wie Adam und Eva, er ist der einzige gerechte Mann wie Noah, und er ist der Begründer eines heiligen Volkes wie Abraham. Schauen wir uns etwas genauer an, was Gott in diesen wichtigen ersten drei Versen von Genesis Kapitel 12 zu Abraham sagt. Diese drei Verse sind so entscheidend, dass man sie als das Manifest des Alten Testaments bezeichnen könnte. Wenn Sie genau hinsehen, merken Sie, dass Gott Abraham sieben Verheißungen gibt. Nummer eins: „Ich will aus dir ein großes Volk machen“, Nummer zwei: „Ich will dich segnen“, Nummer drei „Ich will deinen Namen groß machen“, Nummer vier „Du sollst ein Segen sein“. Nummer fünf: „Ich will die segnen, die dich segnen“, Nummer sechs: „Wer dich verflucht, den will ich verfluchen“, Nummer sieben: „In dir sollen alle Familien der Erde gesegnet werden.“ In diesem siebenfachen Segen steckt eine Menge, was manche Menschen aufregt und bestürzt. Es geht es im Wesentlichen um zwei Dinge. Das erste ist, dass er auf die Worte folgt: „Geh weg aus deinem Land und deiner Verwandtschaft und dem Haus deines Vaters in das in das Land, das ich dir zeigen werde“. Das wirkt wie eine Besitzurkunde für das Grundstück namens Kanaan. In der heutigen Debatte über Israel und Palästina ist diese Passage zweifellos ein heißes Eisen. Das zweite Thema ist das sogenannte Wohlstandsevangelium. Geben sie mal prosperity gospel bei youtube ein, und sie werden bald einen Mann in einem schicken Anzug sehen, der in einem vollen Saal herumläuft und verkündet, dass Gott Sie segnen will, und dass Segen Gesundheit und Reichtum bedeutet, und wenn Sie keine Gesundheit oder keinen Reichtum haben, liegt das daran, dass Sie nicht darum gebeten haben, und was Sie jetzt tun müssen, außer eine Spende an die folgende Nummer zu überweisen, die auf Ihrem Bildschirm erscheint, ist, diesen Segen zu benennen und einzufordern. „Name it and claim it“ heißt diese Praxis. Es ist nicht verwunderlich, dass das Wohlstandsevangelium bei Menschen in schwierigen Lebensumständen beliebt ist und sich in Afrika schnell durchsetzt, denn viele Menschen dort könnten viel mehr Gesundheit und Wohlstand gebrauchen. Aber die theologischen Behauptungen des Wohlstandsevangeliums müssen etwas genauer betrachtet werden: die mittlere der sieben Verheißungen Gottes lautet: „Du wirst ein Segen sein“. Nicht: du wirst einen Segen erhalten – sondern: du wirst ein Segen sein. Und wenn Abraham das nicht verstanden hat, oder ein bisschen mehr Hilfe braucht, wird es in der siebten und abschließenden Verheißung wiederholt: „In dir sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden“. Hier erfahren wir,um was es beim Segen wirklich geht. Beim Segen geht es nicht im Wesentlichen um die Sicherheit, die durch mehr Land entsteht, mehr Kinder, mehr Frauen, Kamele, Esel, Geländewagen, Seiten im Lebenslauf, Universitätsabschlüsse, Häuser, mehr Urlaub, Auszeichnungen usw. Beim Segnen geht es im Grunde darum, dass andere ihr Wohlbefinden, ihren Frieden und ihre Freude auf Sie zurückführen können. Andere werden wissen, ob Sie einen Segen empfangen haben, wenn sie zurückblicken und sagen können zurückblicken und sagen können, dass Sie für sie ein Ort des Wohlbefindens, des Friedens und der Freude gewesen sind – dass sie in Ihnen einen Segen gefunden haben, dass sie sich in Ihrer Nähe Gott nahe gefühlt haben. Das ist eine Aufforderung an jeden Menschen, und das ist der einzige   Wohlstand, an dem Gott interessiert ist. Wenn Sie diese Art von Segen haben, haben sie alles, was zählt. Das ist etwas, das man beim Namen nennen muss – und etwas, das man einfordern kann. Sind Sie ein Ort des Wohlbefindens, des Friedens und der Freude? Möchten Sie das sein? Wollen Sie Gottes Segen empfangen? Manche Fragen beantworten sich selbst. Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre Ihre Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

Fürbittengebet / Vaterunser

Gott, du Quelle der Liebe, du Ursprung des Lebens, du Ziel unserer Tage. Ein neues Jahr empfangen wir aus deinen Händen. Du gibst uns Atem und Geist. An uns soll deine Liebe sichtbar werden. Wir erbitten Deine Liebe  für die Hoffenden: für die Kinder, die in diesem Jahr geboren werden, für die Suchenden, die zu Neuem aufbrechen,  für die Unbeirrbaren, die an dir festhalten. Gott, du Quelle der Liebe, höre uns. Wir erbitten Deine Liebe  für die Kranken, für die Hungernden, für die Müden und die Trauernden, für die, die wir loslassen müssen. Gott, du Ursprung des Lebens, höre uns. Wir erbitten Deine Liebe für die Opfer von Krieg und Gewalt, für die Verschleppten und Gefolterten, für die, die sich für andere aufopfern, für die, die helfen. Gott, du Lebenskraft der Bedrängten, höre uns. Wir erbitten Deine Liebe, wo unsere Liebe versagt, für die Mächtigen, für unsere Feinde, für die Kriegstreiber, für die Lügner und Betrüger. Du Gott der Wahrheit, höre uns. Wir erbitten Deine Liebe, für unsere Lieben, für die, die zu uns gehören,
für alle, denen wir begegnen und die sich auf uns verlassen, für deine weltweite Gemeinde, Gott, du Gegenwart und Zukunft unseres Lebens, höre uns. – Vater unser … Amen

Segen

Der Herr Segne Dich und behüte Dich, der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf Dich und schenke Dir Frieden. Amen.

Bleiben Sie behütet und gesund. Es grüßt Sie herzlichst, Ihr Pfarrer Martin Hahn