Andacht Neujahr, 01.01.2024, Diakonin/Prädikantin Sabine Klatt

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Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Weniger rauchen oder mehr schlafen, ein Stellenwechsel oder weniger Gewicht auf der Waage – vielfältig sind die Vorsätze für das neue Jahr. Noch ist es jung, liegt vor uns, wie ein unbeschriebenes Blatt. Doch wie schnell reißen alte Unsitten ein. Wir können planen, aber wir haben unsere Zukunft nicht in der Hand. Unser Wollen, Tun und Planen liegt in Gottes Macht. Wer ihm seinen Weg anvertraut, den wird er leiten. Mit Gottes Schutz und seiner Hilfe können wir den Weg ins neue Jahr getrost wagen.

Gebet

Herr, unser Gott, wir sind am Beginn des neuen Jahres in dein Haus gekommen, um auf dein Wort zu hören. Rede du nun zu uns in dieser Stunde, öffne uns die Augen für die Aufgaben, die vor uns liegen. Lass uns wach in das neue Jahr gehen, dass wir dich hören mitten im Lärm des Alltags. Und gib uns den Mut,

auf dein Wort hin, immer wieder Neues zu wagen. Amen

Lied: Liebe, die du mich zum Bilde (EG 401)

Liebe Leser*innen. „Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Der Vers der Jahreslosung ist Teil des Briefschlusses im 1. Brief des Paulus an die Korinther. Üblicherweise werden am Schluss des Briefes Absprachen getroffen, Vorhaben und Reisepläne benannt, Grüße, Ermahnungen und Segenswünsche mitgeteilt. Das tut Paulus auch hier. Die Worte der diesjährigen Jahreslosung sind dabei eine Zusammenfassung des bisher Gesagten aus Kapitel 13, den bekannten Worten über die Liebe, wie vorhin in der Lesung gehört. Beginnend mit den Worten „… ich will euch einen besseren Weg zeigen“ (1. Kor 12,31) entfaltet Paulus das sogenannte Hohelied der Liebe, in der er die Liebe als unverzichtbaren Maßstab für das ganze Leben und Handeln bestimmt. Es bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, unter denen die Liebe als die Größte benannt wird.   So wie Glaube mit Paulus einmal zum Schauen Gottes wird, Hoffnung nicht zuschanden macht, sondern sich erfüllt, so wird auch Liebe sich ganz durchsetzen. „Strebt nach dieser Liebe!“ heißt es dann im 1. Kor 14,1. Im Vers der Jahreslosung (1. Kor 16,14) nimmt Paulus diese Gedanken noch einmal als abschließende Mahnung auf, wörtlich: „Alles unter euch geschehe in Liebe!“ Paulus steht damit in einer Linie mit Jesus, der mit seinem Dreifachgebot der Liebe auch seine ganze Lehre zusammenfasst. Denn im Liebesgebot sind „Gesetz und Propheten, also das ganze Erste Testament: „Liebe Gott, liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.“

Was ist aber mit Liebe genau gemeint?   Das Neue Testament verwendet dafür das griechische Wort ‚Agape‘. Agape ist als umfassende Form der Liebe zu verstehen und meint eine vollständige Beziehung zwischen Mensch und Gott und zwischen Menschen. Diese Liebe bezieht sich nicht nur auf einen Teil des Menschen, also etwa auf den Körper, wie in der Erotik, oder auf bestimmte Eigenschaften wie in der Freundschaft. – Ein Mensch, der mit Agape liebt, kann nicht untätig bleiben, wenn er einen Menschen in Not sieht (Nächstenliebe, Feindesliebe). Jesus ist das Vorbild dieser Liebe. Agape in Partnerschaft und Familie meint dann auch, den ganzen Menschen im Guten wie im Schlechten mit allen Fehlern und Kanten zu lieben. In der Glaubensbeziehung wiederum bedeutet dieses Lieben vollstes Vertrauen, Glauben und Hoffen in Gott. Mit Agape liebt auch Gott den Menschen, er liebt ihn als Sünder und macht ihn zum Gerechten. Mir wird’s manchmal ganz unheimlich, wenn ich die Kommentarspalten unter den Nachrichtenartikeln lese. So viel unversöhnlicher Hass! – Fernsehen und diese Talkshows schaue ich schon lange nicht mehr. Immer die gleichen Leute und alles scheint mir so unversöhnlich. Dabei geht es doch um unser Zusammenleben. Und das heißt doch zusammen mit wirklich allen, auch denen, die anderer Meinung sind, so schwer es manchmal auch fällt. Ich persönlich nehme mich da nicht aus. Haben Sie gemerkt, wie schnell man auf YouTube zu den komischen Videos gerät, die nur geklickt werden wollen und die vor lauter Sensation noch viel mehr polarisieren und aufheizen? Jemand schrieb letztens, die Sozialen Medien seien die größten Radikalisierer unserer Zeit und meinte damit, dass wir uns immer mehr voneinander entfremden. Nun, das finde ich auch. Es bilden sich Gruppen und Lager, jeder lebt in einer „Blase“ und ich habe das Gefühl, diese Blase ist mehr ein Beton-Kopf, in den nichts Vernünftiges mehr eindringt und nichts Gutes mehr rauskommt. In was für einer kalten und lieblosen Zeit wir doch leben! Oder? Pandemie, Teuerung, Krieg, Klimaveränderung, politische und gesellschaftliche Veränderungen und Unsicherheiten. – Und nun erhebt eine leise Stimme ihre Botschaft und ruft sie hinein in das Stimmengewirr, in hässlich hassende Beton-Ohren. Jahreslosung 2024, Paulus ruft: ‚Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!‘ Es ist doch fast wie ein Witz, angesichts dessen, was im Moment los ist, nun mit der Liebe daherzukommen. Bitte jetzt nicht auch noch das! Bitte jetzt nicht mit einer so simpel-kitschigen Botschaft auftauchen und meinen, man könnte damit alle Probleme lösen. Wie naiv! Wie leichtgläubig!   Was soll denn Liebe in dieser grausamen Welt? Wer glaubt denn noch an Liebe? Was ist Ihre / Eure Antwort auf diese Frage? „Ja!“ – „Nein!“ – „Vielleicht!“ – „Ich möchte glauben!“ – „Ich habe das mal geglaubt, früher und jetzt nur noch manchmal!“ …

Ich persönlich habe in mir gerade kein klares ‚Ja‘. Er ist manchmal nicht da, und dann ist es wieder so, als ob etwas aufblüht. Gegen allen Anschein, gegen alle bösen Nachrichten, blüht diese Botschaft von der Liebe wieder auf und ich glaube daran. Und es ist ein gutes Gefühl und eine große Sicherheit und Zuversicht, daran glauben zu können. Dass es nämlich Gott wirklich gibt und dass er liebt und dass er diese Welt nicht vergessen hat und ihr immer noch Liebe schenkt und uns allen Liebe schenkt, damit wir hier weiterleben dürfen. Ich glaube nämlich, dass tief in uns ein großer Wunsch ist. Dass jeder von uns in Wahrheit einfach nur geliebt werden möchte und nichts anderes. Dass wir Menschen Wesen sind, die von dieser Liebe leben und ohne sie verschmachten. Wir können gar nicht anders. Wir brauchen Liebe dringend und nötiger denn je. Und mögen manche das als naiv abtun, als ob es nicht von dieser Welt wäre, sondern nur ein frommer Wunsch. Liebe ist nämlich wirklich nicht von dieser Welt, sie ist uns geschenkt und dieses Geschenk entfaltet seine Kraft oft nur im Geringen und Kleinen, und doch ist Liebe der Motor von allem. Denn selbst ihre Kritiker würden am liebsten den ganzen Tag in dieser Liebe baden und leben. Weil es ganz simpel gesagt das ist, was alles zusammenhält. Es gibt keine andere Kraft, die das kann. Nicht umsonst benennt die Bibel Gott als diese Liebe und umgekehrt die Liebe als göttlich. Nur Liebe ist stark genug, um die Probleme dieser Welt zu lösen. Alles, einfach alles, was ihr tut, das geschehe in Liebe! Im ‚Kleinen Prinzen‘ von Antoine de Saint-Exupéry, dieser herrlich kitschigen Erzählung, die jeder kennt, heißt es: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Mit der Jahreslosung können wir sagen: Man tut nur mit dem Herzen gut! Alles, was ihr tut, tut es mit einem liebenden Herzen und euer Leben wird gelingen. So einfach und so schwer zugleich. Liebe Gott und lass dich von ihm lieben, glaube und vertraue ihm. Liebe deinen Nächsten. Tue den anderen alles so, wie du es selbst von ihnen erfahren willst. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. D. h. liebe dich auch selbst und achte dich, nur so hast du die Kraft, auch andere zu lieben. Lassen wir uns von Gottes Liebesgeschenk einnehmen und an diese Liebe glauben und sie für uns und diese kalte Welt erhoffen. Ich bin fest davon überzeugt, wer liebt, der bekommt Liebe wieder zurück. Und je mehr geliebt wird, desto besser wird diese Welt werden. Vielleicht war Jesus gerade dafür unter uns, um uns das vorzuleben. Also, wie immer, ihm nach! „Alles was ihr tut, geschehe in Liebe!“ Amen.

Fürbittengebet / Vaterunser

Gott, es geht nicht immer liebevoll zu in Partnerschaften und Familien: Lass uns aufmerksam werden für die Anliegen der Menschen um uns herum. Manchmal hilft ein klärendes Gespräch oder eine liebevolle Geste. So vieles haben wir zu geben und zu teilen. Wir sprechen oft so, dass wir uns nicht zuhören oder wir uns missverstehen. Lass uns aufmerksam werden. So viele Gelegenheiten sind für uns da. Hilf uns, sie jetzt zu nutzen und nicht erst später. Lass uns aufmerksam werden für unser Zusammensein, für den Ton der eigenen Worte, die wir an andere richten. Wir bitten dich: Mit deinem liebevollen Blick wollen wir versuchen, auf uns selber und andere zu schauen. Mit deiner Großzügigkeit wollen wir versuchen, den Fehlern und Versehen des anderen zu begegnen. Mit dem Vertrauen, dass deine Liebe nie aufhört und alles erträgt, wollen wir versuchen, liebevoll miteinander umzugehen. Und wenn es nicht gelingt, mit dem Üben nicht aufzuhören. Es ist nicht immer einfach, Gott. Gib uns Glaube, Hoffnung, Liebe. – Vater unser im Himmel, …

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

Bleiben Sie behütet und gesund!

Ich wünsche Ihnen von Herzen ein gesegnetes Jahr 2024!

Ihre Sabine Klatt, Diakonin/Prädikantin