Andacht Okuli, 03.03.2024, Sabine Klatt, Diakonin/Prädikantin

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Ich freue mich, dass wir auch auf dieser Weise miteinander verbunden sind – im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Lied: Jesu, geh voran (EG 391)

Andacht Lk 9,57-62

Unterwegs sagte jemand zu Jesus:»Ich will dir folgen, wohin du auch gehst!« Jesus antwortete:»Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel ihr Nest.Aber der Menschensohn hat keinen Ort,an dem er sich ausruhen kann.« Einen anderen forderte Jesus auf: »Folge mir!«Aber der sagte: »Herr, erlaube mir,zuerst noch einmal nach Hause zu gehen und meinen Vater zu begraben.«Aber Jesus antwortete:»Überlass es den Toten, ihre Toten zu begraben.Du aber geh los und verkünde das Reich Gottes!«Wieder ein anderer sagte zu Jesus:»Ich will dir folgen, Herr!Doch erlaube mir,zuerst von meiner Familie Abschied zu nehmen.«Aber Jesus antwortete:»Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut,der eignet sich nicht für das Reich Gottes.«

Liebe Leser*innen.

Stellen Sie sich vor – Das Telefon klingelt. Ein Gemeindemitglied ruft an und sagt: „Herr Pfarrer, ich möchte in der Gemeinde mitarbeiten. Ich würde gern beim Besuchsdienst mitmachen oder vielleicht könnte ich einen Hausgesprächskreis leiten.“ Ihr Pfarrer antwortet: „Ja, das ist echt nett, dass Sie mitarbeiten wollen. Aber so einfach geht das nicht. Wir von der Kirchengemeinde Cappel wollen erst mal sehen, ob Sie auch regelmäßig zum Gottesdienst kommen. Und übrigens – haben Sie eigentlich schon Erfahrung mit Besuchsdienst oder so einer Gruppe? – Nicht? – Ooh, das wird aber schwierig! Vielleicht sollten Sie erst mal einen Kurs mitmachen. Die Kosten, die müssten Sie natürlich selbst tragen, das ist klar…“ Tja, den Rest können Sie sich vermutlich denken: Nach diesem Telefonat hat die Person nie wieder angerufen und ward nie wieder gesehen. Natürlich brauchen wir Menschen, die sich zu unserer Gemeinde halten und hier mitarbeiten. Es ist wunderbar, dass bei uns so viele anpacken. Tatsächlich soll ihnen dieser Dienst möglichst leicht gemacht werden, und nicht abschreckend. Nun, ganz ehrlich, ich habe mir dieses Telefonat natürlich nur ausgedacht. Aber wenn ich mir Jesus so anhöre, ist das, was er zur Nachfolge sagt, schon abschreckend: – Da kommt einer und sagte: Hallo – Jesus, ich will dir folgen, wohin du auch gehst! Und der sagt: Moment mal – ist dir eigentlich klar, worauf du dich da einlässt? – Beim nächsten erscheint uns Jesus noch seltsamer. Jesus spricht ihn an, als er gerade seinen Vater verloren hat. Die Beerdigung steht an – das ist doch klar – und so bittet er um einen kleinen Aufschub. Aber Jesus antwortet ihm: „Überlass es den Toten, ihre Toten zu begraben. Du aber geh los und verkünde das Reich Gottes!“ – Und der dritte will ja mitarbeiten am Reich Gottes. Nur noch eine kleine Abschiedsfeier im Kreis der Vertrauten – das kann doch nicht verboten sein! „Wer die Hand an der Pflug legt und zurückschaut, der eignet sich nicht für das Reich Gottes.“ Bekommt er zur Antwort. – O Jesus! Das ist eine echte Zumutung, was du hier ablieferst! Wer hat denn da noch „Bock“ auf Nachfolge, auf Christsein, Lust aufs Reich Gottes? Nun gibt’s natürlich auch andere Berichte in den Evangelien. Da heilt Jesus einen Mann oder ruft eine Frau aus schwierigen Lebensbezügen heraus. Ganz selbstverständlich heißt es dann: „Und er oder sie folgte ihm nach.“ Das Leben mit Jesus erscheint da manchmal so einfach, so selbstverständlich. Und dann gibt’s andere Stellen, in denen der Preis der Nachfolge richtig-richtig hoch ist: „Wer mir nachfolgen will“, sagte Jesus, „der verleugne sich, der verleugne sein Leben, der nehme sein Kreuz auf sich, wenn er mir nachfolgen will.“ – In unserem Predigttext wird alles, was uns lieb und teuer ist, in Frage gestellt: Unser kuscheliges Heim. My home is my castle. Sicherheit. Gemütlichkeit. Vertraute Umgebung. – Jesus dagegen verunsichert, erwartet Vertrauen offenbar in Gott und verspricht nicht Luxus. Zum zweiten scheinen die Menschen in Frage gestellt zu werden, die zu uns stehen, das Netzwerk Familie. Und ich muss an Menschen denken, die ihre kranken Eltern pflegen. Und … Jesus, was soll denn daran schlecht sein, seinen Freundeskreis zu pflegen? Das ist echt eine Zumutung, was Jesus hier antwortet. – In der Lutherbibel steht diese Stelle unter der Überschrift „Vom Ernst der Nachfolge“. Das klingt nach „Ernst des Lebens“. Da hört der Spaß auf. Das Ende der Fun-Gesellschaft, wo das Leben „brummt“, der Rubel rollt, die Party steigt. – Vor ziemlich genau vier Jahren – ab März 2020 – erlebten wir genau dies: den Ernst der Lage. Der Spaß hörte auf. Clubs und Partys wurden abgesagt. Das scheinbar selbstverständliche wachstum brach ein. Die Wirtschaft kam ins Trudeln. Und das war in der Tat eine Zumutung! Wir sahen ernste Gesichter von Wissenschaftlerinnen und Poltikern, die Sorgen hatten. Wir sahen Berichte von Menschen in der medizinischen Versorgung mit augenringen, in furchtbaren Entscheidungszwängen, nach Nächten der Beratung. Mal ehrlich: Wenn’s drauf ankommt, hab ich lieber einen „Ernsten“ als einen „Spaßvogel“ vor mir. Denn Ernst hat etwas mit Seriosität zu tun – und ist das Gegenteil von Leichtsinn. Der Duden sagt: Der Ernst oder die Seriosität bezeichnet eine zielgerichtete gefahrenbewusste geistige oder gedankliche Einstellung, die letztlich auf das Überleben von etwas gerichtet ist. (Person, Familie, Ökosystem, Würde …) Wenn Jesus hier also Bedenken zumutet, dann geht es ihm um diese Ernsthaftigkeit, dass wir uns den Ernst der Lage deutlich machen, um am richtigen Fleck das Notwendige zu tun. Waren Sie in letzter Zeit mal bei einer Physiotherapie? – früher ist man da zur Massage hingegangen, das war sehr angenehm, hat aber wenig gebracht. Als ich vor einem Jahr das letzte Mal mit meinem Knie beim Physiotherapeuten war, hat der mir ziemlich weh getan. Er hat an ganz bestimmten Stellen die Schmerzpunkte gedrückt, wobei ich manchmal – wie man so schön sagt – „die Engel pfeifen hörte“. – Aber wenn er dann losließ, kehrte Entspannung ein- und letztlich half das. In diesen drei kurzen Begegnungen sagt Jesus jeweils nur EINEM Menschen etwas und er gibt diesem Menschen auch jeweils nur EINES zu bedenken. Und zwar Unterschiedliches! Es geht um drei unterschiedliche Schmerzpunkte. Und deswegen dürfen wir diese drei Menschen nicht in einen Topf werfen!   – Der Erste war ein wenig auf dem Bequemlichkeits-Trip. Er wollte schon mit von der Partie sein, nichts verpassen … Dem mutet Jesus zu, mal darüber nachzudenken, dass man motiviert sein muss, wenn’s mal unbequem wird. – Mach dir klar, worauf du dich einlässt! Und erkenne vielleicht auch den Wert eines Daseins, das nicht nur auf Sicherheit setzt. Während der Coronapandemie wurden wir gerade darin geschult, den Weg der Bequemlichkeit verlassen zu müssen. Hamsterkäufe sind ja der ausdruck des Verhaftetseins in der Vorstellung, alles müsse so bleiben wie bisher. Hauptsache, man hat Klopapier! Jesus mutet uns zu, nicht nur an uns selbst zu denken, dass wir es bequem und warm haben. Er fordert uns auf, solidarisch zu denken und empathisch zu handeln. Zumutung 1 lautet also: Nachfolge heißt, sich von falschen Sicherheiten zu lösen und dafür Vertrauen einzuüben – letztlich Vertrauen in Gott! … 7 Wochen Ohne Pessimismus! Der Zweite hängt mit seinen Gedanken ganz in der Vergangenheit. Er glaubt, dass Traditionen, Sitte / Anstand / Ordnung sein muss. Man muss doch erst seinen Vater begraben – oder etwa nicht? Jesus weckt ihn auf und drückt auf seinen Schmerzpunkt. Ja, seinen Vater begraben ist das eine, aber rückwärtsgewandt durchs Leben gehen, das funktioniert nicht in Gottes Reich: Du brauchst nicht ständig nach dem „Warum?“ zu fragen. Es macht dich kaputt! Frag nach dem, was jetzt dran ist. Frag: Wo will ich hin? Was ist mein Ziel? Wie geht der Weg jetzt weiter? Zumutung 2 lautet also: Nachfolge heißt, sich neu orientieren, nicht mehr an dem, was „man tut“, was „man glaubt“, was „immer schon so war“. – Dem neuen Leben trauen! Schließlich der Dritte: Letztlich hat er mit der „Ex“ noch nicht abgeschlossen, will die alte Liebe nicht loslassen, traut der neuen Existenz noch nicht wirklich. – Dem sagt Jesus: „Wenn du noch so viel Altes erledigen musst, bist du noch nicht reif für das Neue. Ja, und so leid es mir tut, dann kann Gott dich nicht gebrauchen.“ – Ich muss dran denken, wie meine kleine Nicht das Fahrradfahren gelernt hat. Einmal drehte sie sich um und rief: „Guck mal, Bine, ich kann’s schon!“ – in dem Moment lag sie auf der Nase… Schau nach vorne! Wer zurück schaut, versteinert … (für die Bibelfesten unter uns). Erinnere dich an Lots Frau, oder erinnere dich an das Volk Israel in der Wüste. In der Rückschau verklärt sich alles, aber das Leben will nach vorne gelebt werden. Heute ist der erste Tag vom Rest Deines Lebens. Gestalte ihn im Vertrauen auf Gott! Zumutung 3 lautet also: Trau dem Heute und trau dem Morgen, das Reich Gottes gilt es jetzt zu pflügen. Gestalte Dein Leben, hinterlasse Geradlinigkeit! – Drei Zumutungen. Unterwegssein als Christinnen und Christen, das ist wirklich eine Zumutung. Aber gar nicht in der negativen Bedeutung des Wortes. Sondern in der positiven Wendung: Gott mutet mir etwas zu. Gott traut mir etwas zu. Er macht mir Mut, das neue zu wagen. Zum Schluss stelle ich mir die Frage: Was würde Jesus heute zu mir sagen? Was brauche ich? Was halte ich fest, wo ich loslassen muss? Was gilt es jetzt festzuhalten, was loszulassen? Und schließlich: Wann ist der Zug abgefahren? Manche Entscheidungen dürfen nicht warten, da geht es um das jetzt, um heute – morgen kann es zu spät sein. Jesus war übrigens unterwegs nach Jerusalem, das war seine Passion! Und unterm Strich – der Anfang einer neuen, wunderbaren Geschichte. Amen

Fürbittengebet

Herr Jesus Christus, wir wollen dir nachfolgen, wohin du auch gehst. Nimm uns mit auf deinen Weg, dass wir Liebe lernen und Frieden finden. dass wir lernen, zugewandt und einfühlsam zu sein, und einander zu achten und zu ehren. Dass wir unserer Arbeit verantwortungsvoll nachgehen, dass wir mit unserer Kraft dem Frieden dienen und für Gerechtigkeit eintreten.   Nimm uns mit auf deinen Weg, dass wir uns nicht blenden lassen durch äußere Macht, durch Geld und Besitz. Dass sein Wort in unseren Worten erklingt, dass unser Reden hilfreich und befreiend ist für die, die du uns anvertraust. Dass wir Krankheit und Leid als Teil des Lebens begreifen, als unseren Teil des Kreuzweges, den du für uns gegangen bist, durch den Tod hindurch ins Leben. – Vater unser im Himmel, …

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich; er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; er erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen

Bleiben Sie behütet und gesund!

Es grüßt Sie herzlichst, Ihre

Sabine Klatt, Diakonin/Prädikantin

 

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